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Der Meister und seine grauen Giganten

Der Königsteiner Mythenpark wird um eine Attraktion reicher. Der neue Mitbewohner ist alles andere als ein Leichtgewicht.

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Von Ines Mallek-Klein

Jürgen Fleck schaut zum Himmel. Er wechselt die Farbe von grau zu blau. Es verspricht, ein schöner Tag zu werden. Aber es bleibt zu kalt, viel zu kalt, um hier in der Schauwerkstatt des Mythenparks weiterzuarbeiten. Auf einem Holzgestell sitzt er, der neue Bewohner des Mythenparks. Groß, grau und schwer.

Dyre, eine Figur aus der nordamerikanischen Fabelwelt, wird die 23. Figur in dem Königsteiner Mythenpark werden. Bildhauer Jürgen Fleck arbeitet schon seit Wochen an der Skulptur. Nun braucht er noch einige möglichst milde Tage – und Dyre ist fertig. Danach darf der Frost ruhig zurückkommen. Die Skulptur muss an ihren Ausstellungsplatz gebracht werden, und da ist gefrorener Boden gut. Im Morast würden die Helfer mit dem Kunstwerk versinken.

Doch Dyre ist noch nicht fertig. Das Fabelwesen hat die Stoßzähne eines Elefanten, den Höcker eines Kamels und den Körper eines Mammuts. Der glänzt grau-weiß im Schein der Wintersonne. „Aus Cotta-Sandstein“, sagt Jürgen Fleck und fährt mit seiner rechten Hand über den Rumpf des Tieres. Seine vier Klauen sind schon schön ausgearbeitet. Aber an den Bauch müsse er noch mal ran, sagt der Bildhauer. Bevor die Stoßzähne angeklebt werden, will er sich dem filigransten Teil von Dyre widmen, den Ohren.

Arbeitsgrundlage ist ein Modell aus Ton. Jürgen Fleck braucht ein bis zwei Tage, damit die Fabelwesen aus den Büchern Gestalt annehmen. Die Auswahl ist riesig. Der gebürtige Dresdner sucht dabei die Herausforderung. Die beginnt oft schon mit der Anlieferung der tonnenschweren Steine. Lkw und Tieflader sind nötig, um die Sandsteinquader von Cotta in die Schauwerkstatt zu bekommen. Von dort geht es dann mit Seilwinde und Muskelkraft über Holzstämme auf das Ausstellungspodest. Ein aufwendiger Transport, der je nach Standort bis zu zwei Tage dauern kann.

Das Gelände des Mythenparks ist insgesamt 1,5 Hektar groß. Es gehört zu einer alten Villa, die erst als Kurhaus und später als Ferienheim genutzt wurde. Im Jahr 2000 hat Jürgen Fleck das Land gekauft. Die Idee zum Mythenpark gab es damals schon. Wir suchten das passende Gelände mit Bäumen, Hügeln und Wasser, erinnert er sich. In den Sommermonaten sorgt das Blätterdach für die nötige Stimmung. Die Besucher sind fasziniert. Über 3 000 kamen im vorigen Jahr, und das trotz der Flaute während und nach dem Junihochwasser.

Jetzt herrscht noch Ruhe in dem Park. Alle Figuren sind in dunkelgraue Planen gehüllt. Vor dem Osterfest werden sie wieder ausgepackt, denn im Königsteiner Mythenpark beginnt traditionell am Karfreitag die Saison. Wer Glück hat, kann Jürgen Fleck dann in seiner Schauwerkstatt über die Schulter schauen. Hier entstehen auch Kunstwerke für öffentliche und private Kunden.

Jürgen Fleck hat das Handwerk des Steinbildhauers im VEB Elbenaturstein gelernt. Das Unternehmen wurde nach der Wende zu den Sächsischen Sandsteinwerken Pirna und war am Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche beteiligt. „Dort habe ich gearbeitet, bis 1999 die Bildhauerabteilung aufgelöst wurde“, sagt er. Es blieben ihm damals drei Monate, um eine Alternative zu suchen. Er entschied sich für freiberufliche Arbeit und den Mythenpark.

www.fabelundmythenpark.de