Herr Schmidt, wie weit gehen Sie bei den Sparplänen mit?
Wichtig ist, langfristig gesicherte Strukturen in den Kultureinrichtungen zu schaffen, um nicht jedes Jahr neu über die Finanzprobleme nachdenken zu müssen. Daher wird in der Kommission ergebnisoffen und vertraulich überlegt, wo noch Sparpotenzial liegt und dabei wird kein Modell ausgeschlossen. Sorgen bereitet mir, wenn etwas zerstört würde aus der historisch gewachsenen Vielfalt der hiesigen Kunst und Kultur. Und wenn alles nur unter dem Kostenaspekt gesehen wird. Eine Gesellschaft, die nur darauf schaut, dass sich alles rechnet, ist nicht überlebensfähig. Denn der Mensch braucht gerade in schwierigen Zeiten etwas für sein Innenleben, für die Seele, Momente wo er innehalten und nachdenken kann. Das ist eine nicht zu unterschätzende Wirkung von Kultur. Man kann aber darüber nachdenken, wie die Häuser untereinander ihre Zusammenarbeit verstärken können, um Kosten zu sparen. Etwa bei der Werbung und Bündelung der nichtkünstlerischen Bereiche.
Was heißt das konkret für die Landesbühnen?
Wir als Landesbühnen bringen uns ein, indem wir uns offen an der Diskussion beteiligen. Unser Haus wird momentan in zwei Gutachten untersucht, welche Kooperationen möglich wären mit Dresdner Spielstätten und im Raum Mittelsachsen mit dem Theater Freiberg/Döbeln und der Elblandphilharmonie in Riesa und Pirna. Wenn es Modelle gibt, die wirtschaftlich noch effizienter als das jetzige sind, werden wir uns dem nicht verschließen. Zudem stehe ich als einziger Intendant in der Kommission regelmäßig in Kontakt mit den Dresdner Kollegen, damit auch deren Vorschläge in die Arbeit einfließen.
Wo sehen Sie für Ihre Bühne noch Sparreserven?
Zunächst einmal sind die Landesbühnen das größte Reisetheater Deutschlands und spielen in ganz Sachsen, vor allem aber dort, wo die Kultur wegzubrechen droht. Schon jetzt arbeiten wir als Mehrspartentheater recht effektiv, mit einer Auslastung von 85 Prozent im Durchschnitt. Pro Jahr haben wir über 200 000 Besucher, durch die Flut waren es voriges Jahr etwas weniger, und spielen fast 600 Aufführungen im Radebeuler Stammhaus und an anderen Spielorten. Wo es geht, versuchen wir Personal zu reduzieren ohne dass die künstlerische Substanz leidet. So werden frei werdende Stellen im Chor und Orchester, aber auch in anderen Bereichen nicht neu besetzt. Zudem arbeiten die Landesbühnen ab 1. Januar 2004 nicht mehr als Regiebetrieb, sondern als Staatsbetrieb und sind dann nicht mehr so eng an den Freistaat gebunden. Wir bekommen weiter eine bestimmte Summe und haben zugleich wirtschaftlich mehr Spielraum. Der Nachteil ist, dass wir bei Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst den Ausgleich künftig selbst erwirtschaften müssen, was Probleme bereiten kann.
Was halten Sie vom Vorschlag, die Felsenbühne Rathen zu privatisieren?
Die Felsenbühne ist traditionell ein festes Standbein der Landesbühnen. Da sie sich mitten im Nationalpark Sächsische Schweiz befindet, wäre eine kommerzielle Nutzung mit noch mehr Veranstaltungen schon deshalb bedenklich. Da würden die Naturschützer nicht mitmachen. Das Programm wäre ebenfalls ein anderes, höchstwahrscheinlich nur noch Volksmusik.
Bei Ihnen wird es also keine Abstriche am Programm geben?
Nein, im Gegenteil. Wir spielen dieses Jahr sogar erstmals den ganzen Sommer durch im Dresdner Zwinger unsere „Tänzerischen Serenaden“, da die Besuchernachfrage gerade jetzt groß ist. Die Anregung kam aus dem Ensemble, wofür ein Teil des Orchesters und Balletts ihren Urlaub in die Nachsaison verlegte. Unser Spielplan ist nach wie vor breitgefächert. Das heißt aber nicht, dass wir nur noch dem Publikum nachrennen, das wäre das Ende vom Theater. Vielmehr besinnen wir uns auf unsere Stärken: Theater als ein Ort, wo noch mit dem Publikum kommuniziert wird. Wo werden denn heute noch Werte vermittelt, in den Familien ist dafür oft keine Zeit und in den Schulen nur bedingt. Wir gehen ja auch in Schulklassen mit Schauspielern und setzen uns mit den Jugendlichen mit Problemen wie Drogen, Ausländerfeindlichkeit oder Aids auseinander. Fatal wäre es, das aufzugeben.
Wie lange berät die Theaterkommission noch?
Im Herbst sollen die Ergebnisse der Fachleute vorliegen und dem sächsischen Kunstministerium übergeben werden. Dann muss eine politische Entscheidung getroffen werden, mit wie viel Geld und in welchen Strukturen Kunst und Kultur in Sachsen künftig agieren können. Ziel ist es, dass eine möglichst große Vielfalt erhalten bleibt.
Gespräch: Lilli Vostry