Der nächste Funkturm soll weg

Wind und Wetter haben die grüne Farbe des Turmes über die Jahre abblättern lassen. Der Doppelzaun mit Signaldrähten und Stacheldraht erinnert noch daran, dass sich hier einmal so etwas wie ein Hochsicherheitsbereich befand. Schon bald soll all das dem Erdboden gleichgemacht werden. Der markante Funkturm an der Autobahn A 17, zwischen Freital-Wurgwitz und Dresden-Gompitz gelegen, soll abgerissen werden. Das teilt der Eigentümer, die Deutsche Funkturm GmbH, mit. Das Unternehmen mit Sitz in Münster ist eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom und betreut deutschlandweit rund 29 000 Funkstandorte, so wie an der A 17.
„Über den Turm werden aktuell verschiedene Funkdienste betrieben, unter anderem UKW, Mobil- und Richtfunk“, sagt Unternehmenssprecher Benedikt Albers. „Der bauliche Zustand des Turms lässt langfristig keine weitere Nutzung zu, sodass wir bereits mit dem Bau eines 50 Meter hohen Masts als Ersatzstandorts begonnen haben.“ Nachdem alle Dienste vom Turm auf den Mast umgezogen seien, werde mit dem Abriss des Turms begonnen. Albers geht davon aus, dass der Turm entweder 2020 oder 2021 verschwindet. „Die heutige Sendetechnik ist so klein geworden, dass wir die im Turm vorhandenen Flächen nicht mehr für den Betrieb benötigen.“ Es komme vor allem auf eine ausreichende Höhe an. Mit 50 Metern sei der neue Standort etwa 22 Meter höher als der alte. Zu den Kosten des Abrisses will sich Albers nicht äußern.
Damit droht dem Grünen Turm, wie er häufig im Volksmund bezeichnet wird, das gleiche Schicksal wie dem etwa zehn Kilometer Luftlinie entfernten sogenannten Sender Wilsdruff. Die Riesenantenne soll, weil sie nicht mehr gebraucht wird und der Erhalt angeblich zu teuer ist, noch in diesem Jahr fallen. Eigentümer der Antenne ist die ehemalige Telekom-Tochter Media Broadcast. Der Deutschen Funkturm gehören der Sockel und das Gebäude, auf dem die Antenne montiert ist. Fest steht: Mit den Abrissen der Riesenantenne und des Grünen Turms verschwindet ein Stück Technikhistorie.
Wolfgang Lill, der als ehrenamtlicher Redakteur an der Seite radiomuseum.org mitarbeitet, hat die Geschichte des Funkturms an der A 17 erforscht. Demnach handelt es sich bei dem Gebäude um den Fernmeldeturm der ehemaligen Bezirksrichtfunkzentrale Dresden-Gompitz. Gebaut wurde er 1954. Nach dem Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 hatte das Zentralkomitee der SED den Aufbau eines eigenen Richtfunknetzes beschlossen. Richtfunk galt damals als sicherer als normaler Funkverkehr oder das Kommunizieren über Analogtelefon. Außerdem war es möglich, über dieses Netz immer sofort die dienstlichen Verbindungen herzustellen.
Der Turm hatte im Richtfunknetz der SED die Bezeichnung „12A1“. Die 12 stand für den Bezirk Dresden und A1 als erste und führende Station. Besetzt war er rund um die Uhr mit mindestens zwei, meistens drei Mitarbeitern im Zwei-Schichtdienst sowie zwei Angehörigen der Volkspolizei zur Bewachung. Oben auf dem Turm war auch eine Beobachtungsstelle für die Luftaufklärung eingerichtet.
Neuer Eigentümer nach der Wiedervereinigung wurde die Deutsche Bundespost. Der Turm erhielt neue Aufgaben. Wie Lill recherchiert hat, soll von diesem Standort in den 90er-Jahren der britische Sender BBC gesendet haben. Der BBC-Sender wurde später von Radio Dresden übernommen, der immer noch von hier sendet. Außerdem nutzt Apollo Radio den Turm.