Von Catharina Karlshaus
Zabeltitz/Dresden. Die letzten Tage waren anstrengend für René Werft. Ununterbrochen klingelte das Telefon, meldeten sich verschiedene Zeitungen, Geschäftspartner und Kunden bei ihm. Kein Wunder auch: Der 34-jährige Zabeltitzer mietet schließlich jenes Objekt, das den Dresdner Postplatz schon im vergangenen Jahrhundert über die Grenzen der sächsischen Landeshauptstadt hinaus bekannt gemacht hat. Die von den Einheimischen liebevoll als Käseglocke bezeichnete Wartehalle, ursprünglich 1927/28 gebaut und bis vergangenes Jahr als Servicepunkt der Dresdner Verkehrsbetriebe genutzt. Ein pavillonartiges Gebäude, welches bis jetzt ein Café – betrieben von der Kaffee- und Kakaorösterei – beherbergt hat und von der Stadt Dresden nun neu ausgeschrieben worden war. „Ich habe durch Zufall davon erfahren und eigentlich gar nicht so lange überlegt“, gibt René Werft zu und lacht. Der gebürtige Zabeltitzer, der nach einer Lehre als Maurer in Riesa sein Fachabitur gemacht hat, ist gerade von einer Besprechung aus Dresden zurück und wirkt ein bisschen abgehetzt. Nein, mit so viel Rummel habe er dann doch nicht gerechnet. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Carolin habe er sich einfach nur überlegt, ob das nicht endlich die Gelegenheit sei, auf die sie doch schon so lange gewartet hätten.
Immerhin: Vor fünf Jahren hatte René Werft, der damals noch als Bauleiter in München arbeitete, ein leerstehendes Haus der alten landwirtschaftlichen Produktion (LPG) in Zabeltitz gekauft. 35 000 Euro investierte er, um das 800 Quadratmeter große Gebäude zum Produzieren, Lagern und Verkaufen seiner Obstweine zu nutzen. Ein zeitaufwendiges, aber geliebtes Hobby, das ihm nicht nur über 3 000 Liter Obstwein, um die 180 Glasballons und fünf bis sieben Tanks voller angesetzter Weine pro Jahr bescherte. „Wir haben natürlich auch dafür gesorgt, dass wir unsere Weine aus heimischen Früchten verkaufen können“, so René Werft. Das bedeutet praktisch: Mittlerweile ist der staatlich geprüfte Techniker für Gebäudesanierung auf allen namhaften Festen der Region zu finden. Kein Herbst- und Weinfest Radebeul, kein Weihnachtsmarkt Großenhain, kein Inselfest Frauenhain ohne Werfts Obstweine. Dass der junge Mann noch immer sein Tagwerk als Abteilungsleiter im Großenhainer Bauunternehmen Morgenrot verdient, ist angesichts des Arbeitspensums mit Fruchtmaischen aus Äpfeln, Quitten, Kirschen oder Holunder kaum zu glauben.
Und nun also sogar noch die Dresdner Käseglocke. „Wir haben uns gedacht, es macht vom Aufwand her keinen großen Unterschied, ob wir nun von Markt zu Markt ziehen oder etwas mieten“, erklärt René Werft pragmatisch. Dass dieses Etwas nun ein geschichtsträchtiges Kleinod inmitten von Dresden ist, lässt ihn dabei keineswegs vor Ehrfurcht erzittern. „Ganz im Gegenteil! Ich habe mich riesig gefreut, als sich der Finanzausschuss am Montagabend für mich entschieden hat“, gibt René Werft zu. Die Lage des imposanten Baus sei durch die unmittelbare Nachbarschaft zum Zwinger, der Altmarktgalerie und der Straßenbahn erstklassig und die monatliche Miete mit 1 800 Euro vergleichsweise gering. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, mit denen er zurzeit über die Übernahme der vier Mitarbeiter verhandle, werde er die Käseglocke nicht nur als ausschließliches Café betreiben. Käseraclette vom Laib, frisches Bäckerbrot, heimischer Schinken, Gewürzgurken und Oliven soll der Gast künftig ebenso kredenzt bekommen, wie Crêpes, Kaffee sowie Kuchen. Dass dazu ein Glas fruchtiger Obstwein aus Zabeltitz gereicht wird, liegt freilich in der Natur der Sache. Ab wann René Werft die Geschäfte am Postplatz übernehmen wird, konnte er gestern Abend noch nicht genau sagen. Die Mietverhandlungen mit der Stadt Dresden würden aber ab nächsten Montag beginnen.