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Duljevic: "Schwierigste Zeit meiner Karriere"

Bosniens Nationalspieler könnte der Beste bei Dynamo sein. Warum klappt das einfach nicht? Ein Interview.

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Am Boden – erlebt man Haris Duljevic während des Spiels häufiger. Oft wird der 25-Jährige gefoult, nur bleibt er oft auch länger liegen als andere.
Am Boden – erlebt man Haris Duljevic während des Spiels häufiger. Oft wird der 25-Jährige gefoult, nur bleibt er oft auch länger liegen als andere. © Eibner/Bert Harzer

Die Fotos sind gut gewählt. Die Motive zeigen nahezu perfekt die zwei Seiten des Haris Duljevic, die Hände zum Himmel oder gestikulierend am Boden. Das jubelnde Genie oder derjenige, der Fans, Trainer und Mitspieler gleichermaßen in den Wahnsinn treibt – dazwischen gibt es beim offensiven Mittelfeldspieler von Dynamo Dresden nichts.

Über die Platzierung und Größe der Fotos könnte man schon eher diskutieren, zumindest in dieser Woche und angesichts Duljevics Gemütslage bei dem ersten Interview nach seinem langen Schweigen. Bestens gelaunt und innerlich aufgeräumt erzählt der 25-jährige Bosnier von seiner starken Leistung inklusive Tor beim 3:0-Sieg gegen Köln, die Gründe für seine Leistungsschwankungen und ob er Dynamo im Sommer verlässt.

Als Übersetzer hilft Torwarttrainer Branislav Arsenovic, doch eigentlich sagt Duljevics Körpersprache alles.

Haris, die Frage ist platt, in diesem Fall aber naheliegend. Wie geht es Ihnen nach dem sensationellen Sieg gegen Spitzenreiter Köln?

(lacht) Ich bin einfach glücklich über dieses Spiel, glücklich, dass wir abgeliefert haben. Nicht nur ich, sondern die gesamte Mannschaft. Und das gegen Köln! Die spielen ja nächste Saison wieder in der Bundesliga. Der Sieg war wichtig für uns, für den Verein, das Umfeld und die Zuschauer.

Sie heben die Mannschaft hervor, die auffälligsten Spieler waren jedoch der zweifache Torschütze Erich Berko und Sie. Sind Sie auch zufrieden?

(lehnt sich zurück, verschränkt die Arme) Zufrieden ja – weil wir gewonnen haben. Mein Tor gibt mir Selbstvertrauen. Aber ich weiß, dass ich noch besser spielen kann. Auch gegen Köln hätte ich ja noch das eine oder andere Tor mehr schießen können. Ich hoffe, dass es künftig nicht mehr so große Schwankungen bei mir gibt.

In der Vorwoche beim 1:3 in Sandhausen gehörten Sie tatsächlich zu den schlechtesten Spielern. Haben Sie eine Erklärung für diese Schwankungen?

Der fehlende Spielrhythmus ist das größte Problem. Ich bin in dieser Saison oft für ein paar Minuten eingewechselt worden, und nach der Winterpause habe ich dann bis zum Trainerwechsel fast gar nicht mehr gespielt. Doch Training und Spiel – das ist ein großer Unterschied. Der Spielrhythmus, also jede Woche auf dem Platz zu stehen, lässt sich durch nichts ersetzen. Und wenn du als Offensivspieler in den paar Minuten, die du spielen darfst, kein Tor erzielst, zieht dich das noch mehr runter.

Jubelnd – ist der Bosnier im Dynamo-Trikot seit dem Wechsel im Sommer 2017 selten zu sehen. 
Jubelnd – ist der Bosnier im Dynamo-Trikot seit dem Wechsel im Sommer 2017 selten zu sehen.  © Matthias Rietschel

Sie haben den Trainerwechsel angesprochen. Maik Walpurgis, der Vorgänger von Cristian Fiel, hat Sie in der Winterpause immer wieder kritisiert für Ihre konditionelle Verfassung, aber auch Ihre Spielweise. Öffentlich haben Sie geschwiegen. Wie sind Sie intern mit der Kritik umgegangen?

(finstere Miene, tippt mit dem rechten Zeigefinger immer wieder auf den Tisch) Das war die schwierigste Zeit in meiner Karriere, das war eine brutale Zeit. Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und mich nicht negativ zu äußern. Ich habe versucht, das umzusetzen, was der Trainer von mir verlangt hat. Dass ich bei ihm nicht erste Wahl war, okay. Er hat auf andere Spieler gesetzt, das war so. Deshalb habe ich mich auf meine Arbeit auf dem Platz konzentriert. Warum und wieso ich nicht gespielt habe – das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Ich möchte nicht mehr zurückblicken. Ich hatte eine schlechte Zeit, aber das war auch für den Verein keine gute Zeit. Diese Phasen gibt es, das gehört im Fußball dazu.

Haben Sie in der Winterpause daran gedacht, Dynamo zu verlassen?

(tippt beim Antworten wieder mit dem Finger) Sicher habe ich darüber nachgedacht, was ich mache. Wie gesagt, das war wirklich keine einfache Zeit. Ich will spielen, mich zeigen. Und auch Dynamo hat mich bestimmt nicht verpflichtet, damit ich auf der Bank sitze. In der Zeit hatte ich wichtige Gespräche mit Ralf Minge (Dynamos Sportchef, Anmerkung des Autors), der mir volles Vertrauen und volle Unterstützung gegeben hat. Ich hatte nie das Gefühl, dass Dynamo mich loswerden will.

Unter Fiel hat sich Ihre Bedeutung für die Mannschaft offenbar grundlegend geändert. In sechs von sieben Spielen unter Fiel gehörten Sie zur Startformation. Einmal wurden Sie eingewechselt, als Dynamo 0:1 in Aue zurücklag – und am Ende mit 3:1 gewann. Was hat der neue Trainer mit Ihnen gemacht, warum läuft es jetzt so viel besser?

(lehnt sich wieder zurück) Gleich nach dem Trainerwechsel hat er Einzelgespräche geführt, auch mit mir. Das war kein angenehmes Gespräch. Er hat mich nicht etwa gelobt, sondern mir klar gesagt, was er von mir verlangt und erwartet. Und er hat mir auf dem Platz mehr Freiheiten gegeben, damit ich meine Stärken wieder besser einbringen kann. Ich schätze Cristian sehr, auch menschlich – und freue mich, dass er mich schätzt. Er redet immer wieder mit mir, nicht nur am Anfang und nicht immer nur freundlich. Denn die eine oder andere Partie von mir war zuletzt natürlich nicht gut. Trotzdem hat er ein Wort für mich gefunden und mir gezeigt, was ich besser machen kann.

Welche Rolle spielt für Sie die bosnische Nationalmannschaft?

(verschränkt die Arme) Eine ganz wichtige. Unser Nationaltrainer Robert Prosinecki schaut genau, wer im Verein wie viel spielt. Doch auch, als ich bei Dynamo selten zum Einsatz kam, hatte ich die volle Unterstützung. Er hat mich zu den Länderspielen eingeladen, hat mich oft von Anfang an eingesetzt und mir erzählt, dass er in seiner Karriere bei Roter Stern Belgrad, Real Madrid und FC Barcelona auch mal schwere Zeiten hatte. Das hat mir geholfen.

Ihr Vertrag in Dresden läuft noch eine weitere Saison bis Sommer 2020. Welche Ziele verfolgen Sie – und inwieweit haben die mit Dynamo zu tun?

(knetet die Hände) Wichtig ist jetzt erst einmal, dass wir den Klassenerhalt schaffen. Und was danach kommt, werden wir sehen. Ich bin nicht nach Dresden gekommen, um jedes Jahr gegen den Abstieg zu spielen. Ich will in der ersten Liga spielen, egal, ob in Deutschland oder anderswo. Das ist kein Geheimnis. Warum aber nicht mit Dynamo aufsteigen? Mit dem Gedanken bin ich hierher gekommen. Erst mal zählt der Klassenerhalt, doch dann bin ich offen für alles – im Sinne des Vereins. Das weiß Ralf Minge. Es gibt viele Möglichkeiten und vielleicht auch Angebote. Nur beschäftige ich mich damit jetzt überhaupt nicht. Ich habe Vertrag und mit Dynamo etwas vor.

Das Interview führte Tino Meyer.