Von Manuela Paul
Räckelwitz. Die Trachten, die Petra Kupke momentan näht, sind winzig. Kein Wunder. Sie sind ja auch für Püppchen gedacht. Insgesamt 22 dieser etwa 40 Zentimeter großen Puppen kleidet die Räckelwitzer Trachtenschneiderin gerade neu ein. In sorbische Festtags- und Kirchgangskleidung genauso wie in schlichte Alltags- und Arbeitstrachten.
Reichlich Arbeit für die lebensfrohe Schneidermeisterin. Bis zur Vogelhochzeit soll die Generalüberholung für alle 22 Püppchen abgeschlossen sein. Dann sollen sie wieder ihren Platz in der – jetzt brandschutzsicheren – Vitrine in der Grundschule Panschwitz-Kuckau finden. Dort kann man sie dann bewundern – all diese Trachten mit Spitzenhauben, Kopftüchern, Perlennetzen, Miedern und Taillenschleifen.
Je nach Alter, Familienstand und Anlass wird diese Kleidung in den katholischen sorbischen Orten der Oberlausitz getragen. Im Alltag aber leider nur noch selten, weiß Petra Kupke. „In Räckelwitz ist meine Mutti noch so ziemlich die Einzige, die jeden Tag in Tracht geht.“ Zu Festtagen zieht auch die Schneiderin Tracht an. Besonders gern zu einer sorbischen Hochzeit. Dort könne man ganz viele der traditionellen Gewänder sehen. Neben Braut und Bräutigam haben auch Hochzeitsbitter, Brautjungfern, Paten, Trauzeugen und Gäste ihre ganz spezielle Kleidung. Deshalb stellt gut die Hälfte der Puppen auch einen Hochzeitszug dar.
Verklebtes Kunsthaar
Das Nähen der Mini-Trachten sei aber nur eine Arbeit. „Zuerst ziehe ich die Puppen komplett aus und wasche sie“, verrät die Endvierzigerin. Immerhin haben die Trachtenpuppen schon einige Jahre auf dem Buckel. „Ich glaube, sie stammen aus den 70er-Jahren. Ganz genau weiß ich das allerdings nicht.“ Kein Wunder, dass Staub und Gilb im Laufe der Zeit ganze Arbeit leisteten. Ein weitaus größeres Problem stellten allerdings die Kunsthaare für die Räckelwitzerin dar. „Sie waren total verklebt und hart. An Frisieren war da überhaupt nicht zu denken.“ Was also tun? Petra Kupke holte sich Rat bei einer Maskenbildnerin am Theater, die auch mit Perücken zu tun hat. Die Lösung sei verblüffend einfach gewesen, erzählt die Schneiderin. Mit Shampoo und Spülung habe sie die Haare wieder schön weich und frisierbar bekommen. „Das hätte ich nicht gedacht.“
Trachten für die Vogelhochzeit
Den Auftrag für die Restaurierung der Panschwitz-Kuckauer Puppen bekam Petra Kupke, weil sich die gelernte Industrieschneiderin schon vor vielen Jahren auf Trachtenschneiderei spezialisierte. Wie viele Trachten sie seitdem genäht hat, kann sie nicht mehr zählen. Unter anderem stattete die Sorbin nahezu alle Kindergärten der Umgebung mit Trachten für den Vogelhochzeitszug aus. Die jüngste Lieferung – vier Trachten und jede Menge Einzelteile – ging an die Kita Sollschwitz.
Gleich danach begann die Puppen-Arbeit. Nach der Vogelhochzeit kann die Endvierzigerin die Hände aber auch nicht in den Schoß legen. Denn dann stehen bereits Ostern und zeitgleich die Erstkommunionen an, bei denen die Mädchen Brautjungferntracht tragen. Das bedeutet erfahrungsgemäß viel Arbeit. Von November bis Fronleichnam ist das Auftragsbuch bei ihr immer proppevoll. Denn die Fachfrau in Sachen sorbischer Tracht näht nicht nur Röcke, Schürzen und Schleifen, sie versieht Letztere mit aufwendigen Stickereien oder steckt Perlennetze, die genauso zur Tracht gehören.
Handwerk mit Hindernissen
Aber auch wer keine Tracht, sondern beispielsweise einen Rock, eine Bluse oder ein Abendkleid haben möchte, ist bei Petra Kupke an der richtigen Adresse. Denn die Räckelwitzerin näht und ändert auch andere Sachen. Und das immer mit guter Laune. Die lässt sie sich selbst von Alltagstücken, die beispielsweise ein Hausumbau so mit sich bringt, nicht verderben. Momentan stecken Kupkes nämlich mitten in einem solchen. Voriges Jahr musste die Räckelwitzerin deshalb ihre Werkstatt sogar ausräumen und für einen Monat schließen. Längst näht sie dort wieder. Derzeit sogar winzig kleine Trachten.