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Der Rückkehrer

Enrico Hommel hat das Sportlerheim gepachtet. Nach ungewöhnlichen Lebensstationen will er nun in Elstra bleiben.

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© Matthias Schumann

Von Manuela Paul

Elstra. Die Küche fehlt noch. Der Tresen auch. Aber die Außenwerbung hängt inzwischen schon mal. Sportlerheim Elstra nennt Enrico Hommel sein Lokal nebst Bowlingtreff. Bei seiner Vorgängerin hieß die kleine Kneipe Sportlertreff, weiß der neue Pächter. „Aber alle, mit denen ich mich bisher unterhalten habe, sprachen immer vom Sportlerheim. Also hab ich genau diesen Namen gewählt“, erzählt der 46-Jährige und blickt zufrieden auf das funkelnagelneue Schild an der Fassade.

Enrico Hommel weiß genau, auf was er sich eingelassen hat. Eine Gastronomie wiederzubeleben, die fast ein Jahr vom Markt verschwunden war, ist kein leichtes Unterfangen. Aber der gelernte Hotelgastronom ist zuversichtlich. „Ich hab da richtig Bock drauf“, verrät der aus Elstra stammende Mittvierziger. Er sprüht vor Elan und glaubt fest daran, dass er das Sportlerheim rocken wird. Schließlich handele es sich ja auch um ein recht gutes Objekt. Zwar etwas abgelegen, aber gerade auch für Sportler ein idealer Anlaufpunkt, um nach Training oder einem Fußballspiel noch gemütlich zusammenzusitzen. Bei einem Bier Trainerhinweise oder strittige Szenen gemeinsam auswerten. Vielleicht auch eine Kleinigkeit essen.

Gut ein Jahr stand die kleine Sportlerkneipe leer. Am 30. Juni 2017 nahm die langjährige Pächterin Heike Duda nach über 20 Jahren ihren Hut, ging das Licht im Sportlertreff und der dazugehörigen Bowlingbahn aus. Obwohl die Stadtverwaltung rechtzeitig die Suche nach einem neuen Pächter ankurbelte. Jemand mit Fachkunde, eigenen Ideen und persönlichem Engagement sollte es sein. Doch trotz mehrmaliger Ausschreibung fand sich kein Interessent. Möglicherweise wegen des Dienstleistungsvertrages, der mit der Gaststätte verknüpft war. Ein potenzieller neuer Betreiber der Sportlergaststätte sollte möglichst auch Aufgaben als Platz- und Hallenwart fürs Sportzentrum übernehmen.

Damals stand es nicht gut um den Weiterbetrieb der städtischen Bowlingbahn. Und obwohl das Betreiben einer solchen keine Pflichtaufgabe einer Kommune ist, waren sich die Stadträte einig: Die Freizeitanlage sollte nicht dem Selbstlauf überlassen bleiben. Immerhin habe es viel Geld gekostet, sie seinerzeit zu bauen. Deshalb suchte die Verwaltung nach einer betriebswirtschaftlich vernünftigen Möglichkeit, um wenigstens das Bowlen weiter für die öffentliche Nutzung anbieten zu können. Gelöst wurde das Problem schließlich, indem eine Teilzeit-Stelle für einen technischen Angestellten geschaffen wurde.

Dies ist nun Geschichte. Enrico Hommel betreibt neben dem kleinen Lokal auch die Bowlingbahn. Die ist nach wie vor gefragt, verrät der Mittvierziger. Sein Terminbuch ist bereits gut gefüllt. Sogar für nächstes Jahr hat er schon erste Buchungen angenommen. Und auch gastronomisch will der neue Pächter zulegen. „Momentan suche ich einen Koch.“ Sky-Sportsbar ist er schon.

Gute Kontakte nach Leipzig

Auf das benachbarte Sportzentrum hat er auch ein Auge, schaut, dass sich Nutzer ins Hallenbuch eintragen, die Halle ordentlich verlassen. Mehr Aufgaben könne und wolle er aber nicht übernehmen. „Ich bin in erster Linie Gastronom, muss mich ums Geschäft kümmern.“ Ganz allein steht er aber nicht da. Braucht er Hilfe, dann habe er seine Familie im Rücken. Sie unterstützte ihn zum Beispiel auch jüngst beim Oberschulfest. Schließlich ist Gastronomie für Hommels kein Fremdwort. Seine Mama – übringens eine gelernte Köchin – betrieb zu DDR-Zeiten das frühere Sportlerheim am Schwanenteich, erzählt der schlanke, hochgewachsene Mann mit dem akkurat gestutzten Kinnbart, Basecap, modischer Brille auf der Nase und jungenhaftem Charme. Und was sagt seine Partnerin zum Neustart? Eine Frau oder Freundin habe er nicht. „Ich bin Single aus Leidenschaft“, verrät der Rückkehrer mit schelmischem Grinsen.

Seine Mama war es auch, die ihm erzählte, dass ein Pächter fürs Sportlerheim gesucht wird. Denn bis vor wenigen Wochen lebte Enrico Hommel noch in Leipzig. Der kleine schwarze Smart, der nun regelmäßig vor der Sportlerkneipe parkt, trägt immer noch das Leipziger Kennzeichen. Dabei wohnt der 46-Jährige seit ein paar Tagen wieder in Elstra. Das Kennzeichen könne man ja mitnehmen, erklärt er. Es erinnert ihn an seine Zeit in Leipzig. Dort war er bis vor Kurzem für einen Bundesliga-Fußballverein sehr erfolgreich im Fan-Geschäft und Marketing tätig. „Das war gigantisch.“ Dass es noch viele Verbindungen zu den Menschen in der Messestadt gibt, zeigt auch die Tatsache, dass zur Sportlerheim-Eröffnungsfeier viele Leipziger den Weg nach Elstra auf sich nahmen, um – wie es die Stadtverwaltung auf Instagram postete – „ihren ehemaligen Fan-Beauftragten an die Elstraer zu übergeben“. Bei besagter Feier konnten die Gäste dann auch sein Talent zum Entertainment erleben. Denn er gab auf recht eindrucksvolle Art und in verschiedener Garderobe einen kurzen Einblick in seine bisherigen Lebensstationen.

Aus Elstra weggezogen war Enrico Hommel seinerzeit, um nach der Lehre in verschiedenen Hotels zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Später ging er zur Bundeswehr und blieb dort länger als ursprünglich gewollt. Nach 16 Jahren und diversen Auslandseinsätzen in Afghanistan und im Kosovo schied er als Hauptfeldwebel aus dem aktiven Dienst aus. Elstra soll nun die Endstation seines Berufslebens sein. Er sei angekommen, stellt er klar. „Ich hab wahrlich genug gesehen und erlebt.“