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Der schwierige Weg zum Bürgerentscheid

Bei der SZ-Umfrage zum Lauencenter fordert eine große Mehrheit mehr Mitsprache. Die Stadträte sind skeptisch.

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Von Christoph Scharf

Am Ergebnis der repräsentativen SZ-Umfrage lässt sich nicht rütteln: Fast drei Viertel der Bautzener wollen, dass ein Bürgerentscheid über den Bau des Lauencenters stattfindet. Nur ein Fünftel sind dagegen. Besonders die jüngeren Befragten fordern, bei der Entscheidung mitreden zu dürfen (siehe Grafik). Doch das Ergebnis der Umfrage allein reicht nicht aus, um einen Bürgerentscheid zu initiieren. Die SZ erklärt, wie die Chancen dafür stehen.

Welche Voraussetzungen gibt es für einen Bürgerentscheid?

Direkte Demokratie ist in Deutschland möglich, aber nicht einfach: Bevor die Bürger über eine Frage entscheiden dürfen, muss erst mal ein Bürgerbegehren dazu erfolgreich sein. Darin fordern die Einwohner einer Stadt per Unterschrift eine Abstimmung. Das Bürgerbegehren muss von mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten unterzeichnet sein – in Bautzen wären das etwa 5 000 Unterschriften. Erst dann gibt es einen Bürgerentscheid.

Beim Bürgerentscheid selbst gilt das Prinzip „Mehrheit entscheidet“. Allerdings muss diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der gesamten Stimmberechtigten umfassen. Wahlenthaltungen wirken als Ablehnung. So scheiterte etwa der Bürgerentscheid gegen den Bau des Kornmarkt-Centers: Damals hatten Kritiker zwar 7 500 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt. Außerdem sprach sich beim Entscheid im Dezember 1996 eine Mehrheit gegen das Center aus. Allerdings waren das nur 7 000 Leute – weniger als 25 Prozent der Stimmberechtigten.

Abgeändert werden kann ein Bürgerentscheid innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid, nicht durch Stadtratsbeschluss. Allerdings kann der Stadtrat auch selbst einen Bürgerentscheid beschließen und damit das Bürgerbegehren mit der 5 000-Unterschriften-Hürde überflüssig machen: Das geht aber nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Wie stehen die Stadträte zur direkten Beteiligung der Bürger?

Die meisten Stadträte wollen die Entscheidungen zum Lauencenter lieber selbst treffen. „Wenn eine Interessengruppe wirklich einen Bürgerentscheid will, muss sie ihn auch in die Wege leiten“, sagt Peter Spendler, Chef der CDU-Fraktion, der größten im Stadtrat. Die CDU werde deshalb keinen Bürgerentscheid beantragen. Seine Fraktion habe mehrheitlich für den Bau des Centers gestimmt und halte sich weiterhin an einmal gefasste Beschlüsse.

Auch die Linke wird keinen Bürgerentscheid fordern. „Wir warten erst einmal ab, ob es genug Stimmen für ein Bürgerbegehren gibt“, sagt Fraktionsvorsitzende Angela Palm. „Dann stellen wir uns der Situation – und positionieren uns gegebenenfalls neu.“ Bei der Linken gibt es zwar verschiedene Meinungen zum Center, die Fraktion stimmte jedoch für den Bau. Klar pro Lauencenter spricht sich SPD-Fraktionschef Roland Fleischer aus. „Die Vorteile des Centers überwiegen bei Weitem, für die Stadt genauso wie für die Region.“ Einen Bürgerentscheid werde deshalb auch die SPD nicht beantragen. „Aber ich akzeptiere natürlich, wenn es die nötigen Unterschriften beim Bürgerbegehren gibt.“

FDP-Stadtrat Mike Hauschild hält zwar Bürgerbeteiligung grundsätzlich für wichtig, ist aber im Fall Lauencenter trotzdem skeptisch. „Wir wurden doch als Stadtrat gewählt, um den Bürgern eine Stimme zu geben.“ Deshalb hält er einen Bürgerentscheid nicht für zwingend nötig. Falls es dennoch einen gibt, sollten die Gegner eine klare Alternative für das Grundstück formulieren. „Eine reine Protestabstimmung bringt Bautzen nicht weiter.“

Wie gehen Lauencenter-Kritiker mit der Situation um?

Das Bürgerbündnis „Lauenpark“ setzt sich nach wie vor für einen Bürgerentscheid ein. „Wir lassen derzeit einen Entwurf vom Rechtsanwalt prüfen“, sagt Mitstreiter Peter Willroth. Das Bürgerbündnis hatte bereits 1 800 Unterschriften für einen Offenen Brief gesammelt, um damit den Stadtrat umzustimmen. Weil von den Räten so gut wie niemand darauf geantwortet habe, bereite man jetzt ein Bürgerbegehren vor.

„Die Situation hat sich doch seit der Stadtrats-Abstimmung zum Lauencenter-Bau deutlich geändert“, sagt Peter Willroth. Mehrere Gegengutachten ließen das Projekt in neuem, kritischem Licht erscheinen. „Deshalb kämpfen wir weiter.“