Von Ralph Schermann
„Ihr Abzocker!“ Diese Bezeichnung ist noch eine der harmlosen Beschimpfungen, die sich Tankstellenmitarbeiter in diesen Tagen wegen kletternder Benzinpreise anhören müssen. „Dabei können wir gar nichts dafür“, sagt Andreas Fuchs von Total. Auf die Preise haben Tankpächter keinen Einfluss.
Görlitz ist keine Ausnahme
Es stimmt auch nicht, dass es in Görlitz generell teurer wäre als anderswo, sagt Andreas Fuchs. Ein spontaner Test gestern, 15 Uhr, bei Total auf der Bahnhofstraße Görlitz und auf der Wiener Straße in Dresden, belegt tatsächlich gleiche Preise (1,449 Euro je Liter Super). Auch bei Kerstin Martin von Aral tankte man gestern zu diesem Preis. „Das hat aber nichts mit Absprachen zu tun“, relativiert Detlef Brandenburg, Aral-Sprecher in Bochum: „Benzinpreise richten sich nach dem Wettbewerb, unsere Mitarbeiter gucken also immer auch, was die Konkurrenz verkauft und melden das sofort ihren jeweiligen Zentralen, die dann reagieren.“
Insgesamt aber hat das mit den derzeitigen Kletterpreisen wenig zu tun: „Über 70 Prozent sind allein Steuern, die der Staat einnimmt. Dann kommt gut ein Viertel Weltmarktauswirkung, sprich Rohölpreis. Und nur ganz wenige Prozente bleiben für Spedition, Lohn, Pächterprovision. Aral strebt lediglich 0,5 bis 1 Cent pro Liter als Gewinn an“, relativiert Brandenburg.
Verrückt und unverschämt
Total und Aral versuchen zwar, die Preisdifferenzen durch Qualitätsprodukte und „besonders guten Service“ zu kompensieren, zum Beispiel Waschanlagenangebote. Doch beide Anbieter wissen, dass das wenig bringt. „Der Tanktourismus boomt wieder“, bestätigt Detlef Brandenburg. „Bei den niedrigeren Steuern in Polen ist das auch kein Wunder“, ergänzt Andreas Fuchs. Und ein Kunde an der Bahnhofstraße schimpft auf seine Weise auf die Preispolitik: „Früher war die Staatsführung nur verrückt, heute aber ist sie unverschämt …“