Von Thomas Möckel
Marode Bausubstanz, zerfallenes Innenleben – der Pirnaer Teufelserkerkomplex bot jahrelang ein Bild des Jammers. Mit Engagement und viel Geld gelang es schließlich, das historische Erbe zu retten.
Im Herbst 1989 brannte die Luft. Während vielerorts der Abgesang auf die DDR durch die Straßen schallte, ging eine Gruppe von Enthusiasten in Pirna noch aus einem ganz anderen Grund auf die Straße: Die Bürgerbewegung „Rettet Pirna“ wollte das Teufelserkerhaus vor dem drohenden Abriss bewahren. Der Protest fruchtete – der Abbruchbeschluss wurde ausgesetzt.
Doch bevor wieder der Glanz vergangener Zeiten in die Häuser einziehen konnte, sollten über 13 Jahre vergehen.
Eine erste Hoffnung auf baldige Sanierung keimte, als der Münchner Bernhard Biebl die provisorisch gesicherte Ruine 1992 kaufte. Aber der Investor scheiterte mit seinem Vorhaben, die Gebäude verfielen weiter.
Erst im April 2001 nahm sich der Pirnaer Bauträger GEVA des Komplexes, der lange Zeit aussah wie ein kariöser Zahn, an. Sie wollten der maroden Substanz wieder Leben einhauchen – ein riskantes Unterfangen. Denn die Firma bewegte sich auf einem für sie bis dahin unbekannten Terrain. „Es war jugendlicher Leichtsinn, dass wir uns auf das Großprojekt einließen“, resümiert GEVA-Geschäftsführer Sven Vater. Vor allem finanziell glich das Vorhaben einem Drahtseilakt – der Teufel steckte im Erker.
Zunächst mussten die jungen Bauunternehmer 2,5 Millionen Mark für den Kaufpreis berappen. Keine leichte Aufgabe für Sven Vater und seinen Kompagnon Mike Gerbig, die bislang nur einzelne Altstadthäuser saniert hatten. „Wir konnten das Geld nicht einfach so bar auf den Tisch legen, sondern brauchten dringend Kredite“, sagen beide. Doch bevor das Geld fließen konnte, musste die GEVA nachweisen, dass bereits 80 Prozent der Wohnungen verkauft sind. „Es war ein hohes Risiko. Hätte das alles nicht funktioniert, wäre unser Betrieb damals den Bach runter gegangen“, meint Gerbig. Als diese Klippe umschifft war, kamen die nächsten Schwierigkeiten: Nach dem Kauf entpuppte sich das Großprojekt als Fass ohne Boden.
Viele Arbeiten – wie Verpressungen – sollten schon längst erledigt sein, waren es aber nicht. „Biebl hat uns gelinkt“, sagt Vater, „schon deshalb wurde vieles komplizierter, als gedacht. Unvorhersehbare Sachen trieben die Sanierungskosten zusätzlich in die Höhe – auf 3 000 Euro pro Quadratmeter. Allein die Rekonstruktion des Erkers verschlang Unsummen. Hinzu kam, dass das zusammengefallene Treppenhaus im Gotischen Haus komplett neu aufgebaut werden musste. Um das Parkplatzproblem zu lösen, gruben sich Bautrupps acht Meter tief in die Erde und zimmerten 31 Stellplätze in den Hang. Die Gesamtkosten summierten sich so auf 6,5 Millionen Euro.
Möglich wurde das alles nur, weil die Sparkasse mit Krediten half und der Topf „Stadtsanierung“ sein Füllhorn auch über der GEVA ausschüttete. Rund 2,8 Millionen Euro Fördermittel wurden dem Bauträger zugesagt, knapp 43 Prozent der Sanierungskosten. Ohne diese Finanzspritze hätte die GEVA ihre Verluste nicht ausgleichen können. Denn die Wohnungen wurden, im Gegensatz zu den Baukosten, für 1 600 Euro je Quadratmeter angeboten. „Das ist der derzeit übliche Preis“, erklärt Gerbig.
Weil schon so viel Geld in den Bau geflossen ist, wollen Vater und Gerbig auf eine pompöse Eröffnungsfeier verzichten. „Wir wollen nicht so einen Wirbel um uns machen.“ Pirnas Oberbürgermeister Markus Ulbig möchte sich aber eine offizielle Einweihung nicht entgehen lassen. In etwa einem Monat will er zur Tat schreiten, wenn alles endgültig fertig ist: der historische Häuserkomplex, die Straße davor – und das Leuchtpflaster.