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Der Tote und die Seelenwanderung

Im Prozess um den Toten im Gimmlitztal geht es mittlerweile um sehr spezielle Details.

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© action press

Von Thomas Schade

Wohin neigt sich die Waage für Detlev G., der zum zweiten Mal vor Gericht steht, weil er einen Mann geschlachtet und zerstückelt haben soll? Nach sieben Verhandlungstagen am Dresdner Landgericht lässt sich das kaum ahnen. Geradezu detailversessen versucht die 5. Strafkammer der Wahrheit nahezukommen. Scheinbare Nebensachen spielen immer öfter eine Rolle.

So fragt Verteidigerin Brigitte Bertsch die Ex-Frau des Toten aus dem Gimmlitztal unvermittelt: „Interessierte Ihren Mann keltische Kultur?“ Die Zeugin, die Nebenklägerin ist und extra aus Hannover angereist war, antwortet: „Ja, er hat sich sogar mal ein Buch gekauft.“ Eine Kassette zum Erlernen der irischen Sprache liege noch in ihrem Rekorder. Für die fragenden Blicke der übrigen Beteiligten nach dem Sinn hat Anwältin Bertsch schnell die Antwort: „Kelten glauben an Seelenwanderung.“ Auch Woitek S., der ins Gimmlitztal reiste, um zu sterben, glaubte an die Wiederauferstehung, wollte zuschauen, wie er geschlachtet und verspeist wird. Bisher kennt das Gericht dieses Detail nur aus den Aussagen des Angeklagten. Nun gibt es eine unabhängige Bestätigung dafür, die es im ersten Prozess so nicht gab. Punkt für Detlev G.

Weniger gut läuft es für den Angeklagten bei der Frage, warum er die Tat filmte, die ihn später selbst schockierte. Für eine Frau in Berlin, die angeblich dabei sein wollte, aber verhindert gewesen sei, behauptete Detlev G. bisher und verweist auf einen Kontakt in seinem Computer. Doch auf den beschlagnahmten Datenträgern wurde diese unbekannte Frau nicht gefunden. Das bestätigte ein Mitarbeiter der Mordkommission, der im Auftrag der Justiz nochmals alle E-Mails und Kontakte auf sämtlichen Datenträgern überprüft hatte.

Seit bekannt ist, dass ein Kriminalbeamter aus Hannover das Protokoll von Gs. erster Beschuldigtenvernehmung nach seinen handschriftlichen Aufzeichnungen gefertigt hatte, prüft die Kammer nun beide Dokumente und löchert den Kommissar bei jeder abweichenden Formulierung. Anscheinend ist das müßig, denn G. hat das Protokoll unterzeichnet. Aber der Richter legt auch dabei Wert auf jedes Detail.