Von Dorit Oehme
Ich sitze im Sessel. Eben glitt mein Blick noch über alte Radiomodelle. Doch nun bekomme ich eine Spezialbrille gereicht. Ekkehard Pöschel ist Technikbastler. Jetzt zeigt er eine Auswahl seiner Stereobilder auf der Leinwand im Wohnzimmer.
„Ich freue mich schon auf die Freitaler Kultur(all)tage. Das ist für mich die einzige Möglichkeit, wo ich meine Fotos öffentlich vorführen kann“, sagt der 65-Jährige. Dann bin ich plötzlich im Hof des Dresdner Zwingers. Ich sehe die Brunnenbecken mit den sprudelnden Fontänen darin. Besuchergrüppchen heben sich davor und dahinter ab. So kenne ich den Zwinger und doch auch wieder nicht. Alles wirkt so plastisch, dass ich mit den Augen umherspazieren kann. Nur den Kopf soll ich nicht zur Seite drehen. „Sonst verliert der Sensor zwischen den Brillengläsern den Kontakt zum Bildsignal auf der Leinwand“, erklärt Pöschel.
Als Kind auf Schutthalden gesucht
Ich lasse mich darauf ein. Inzwischen bin ich nah dran an den Sandsteinsockeln und Putten auf dem Festungswall. Es ist ein sonniger Tag. Die Farben wirken lebendig. Das ist der Stolz von Ekkehard Pöschel. Durch Blau-rot- oder Blau-grün-Brillen lässt er seine Zuschauer nicht blicken. „Das Prinzip ist überholt.“ Seit 2008 etwa beschäftigt sich der in Tharandt Aufgewachsene mit der dreidimensionalen Fotografie.
Seine Mutter, Ruth Pöschel, ist eine versierte 2-D-Hobbyfotografin. „Als ich gut zehn Jahre alt war, gab sie mir einen abgelegten Fotoapparat. Er hielt allerdings nicht lange. Denn ich versuchte, ihn zu verbessern“, verrät Pöschel schmunzelnd. Die „flache Fotografie“, wie er es nennt, reize ihn auch nicht ganz so sehr. Technik dagegen faszinierte ihn schon als Kind. Er arbeitete als Schüler in einer Flugzeugmodellgruppe. Mit dem Bruder suchte er auf verwilderten Schutthalden nach Radioteilen. Sie jubelten, wenn sie fündig wurden. „Einmal glückte es uns wohl sogar, ein Gerät wiederzubeleben.“ Als Arbeiter an einem Glühofen des Edelstahlwerkes ging er auch später öfters auf Fehlersuche.
Erst seit etwa einem Jahr besitzt er eine 3-D-Spezialkamera, die zwei Objektive in sich vereint. Zuvor tüftelte er mit zweidimensionalen Apparaten, die er oft billig erwarb. „Sie waren gebraucht, teilweise defekt. Ich suchte so lange, bis ich Paare fand, die miteinander harmonisierten. Denn auch bei gleichen Typen einer Firma fand ich Unterschiede“, fachsimpelt Pöschel.
Im nicht ganz verdunkelten Raum zeigt er zwei Schienen, auf denen Kamerapärchen mit größerem sowie dichterem Abstand fixiert sind. „Je näher das erste Objekt in der Natur positioniert ist, umso geringer muss er sein“, sagt Pöschel und nennt seine Erfahrungswerte.
Dann blickt mich eine Kuh von der Leinwand an. Ihr Maul scheint weit ins Zimmer zu ragen. Ein Grasbüschel entgegenzuhalten wäre kein Problem. Ich starre schon auf die Fliegen im weiß-braunen Fell, da holt mich Ekkehard Pöschel zurück in die Realität: „Schade. Das linke Ohr könnte noch hinter dem Bildfenster liegen“, sagt er selbstkritisch und verrät: „Aus 100 Fotos fische ich oft nur zehn brauchbare heraus. Oft gehe ich mehrmals an eine Stelle.“
Bilderschau im Juni geplant
Ecken in der Region, die Ruth Pöschel von ihren Naturaufnahmen her kennt, nutzt er gern. Er greift auch Tipps zu besonderen Aussichten oder Festen aus der Zeitung auf. Als die internationale Sachsenmeisterschaft im Seifenkistenrennen im vorigen September in Freital-Kleinnaundorf ausgetragen wurde, stand er an der Piste. Im Winter wiederum passte er die Loks der Weißeritztalbahn an der Strecke ab. „Sie dampfen dann ausgiebiger als im Sommer. Das brauche ich für die Wirkung auf meinen Bildern“, sagt Pöschel.
Bei den 2. Freitaler Kultur(all)tagen, die vom 14. bis 21. Juni stattfinden, würde er gern im Goldenen Löwen in Potschappel und bei der Aktion Kunst im Hof in Deuben dabei sein.
Noch ist er bei geeignetem Wetter oft auf Motivsuche. Bis weit in die Nächte bearbeitet er die Bilder am Rechner. Vom früheren Schichtdienst ist er es gewohnt.