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Der verschobene Traum

Der Kanute Franz Anton aus Löthain hat viel erreicht. Doch etwas fehlt noch in seiner Sammlung.

Von Jürgen Müller
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Franz Anton auf der Wildwasserbahn in Markkleeberg.
Franz Anton auf der Wildwasserbahn in Markkleeberg. © Archifvoto: Jan Woitas/dpa

Käbschütztal/Leipzig. Diesmal sollte es klappen. Klappen mit der Erfüllung des großen Traumes von Franz Anton aus Löthain. Klappen mit einer olympischen Medaille. Medaillen und Titel hat der Wildwasserkanute schon eine Menge geholt, wurde Europameister und Weltmeister. Doch eine Olympiamedaille, die fehlte ihm noch.

Zweimal nahm er Anlauf. 2012 verpasste er, der für den Leipziger Kanuclub startet und in Markkleeberg trainiert,  die Qualifikation für London. Vier Jahre später aber dann war er in Rio de Janeiro dabei. Mit seinem Partner Jan Benzien qualifizierte er sich im Zweier-Kajak für das Olympiaturnier.  Auf dem olympischen Kanal am Rande des Zuckerhutes holten die beiden einen hervorragenden vierten Platz. Zum dritten Rang fehlen nur 36 hundertstel Sekunden,  nicht mal ein Wimpernschlag. Und die Goldgewinner waren auch nur ganze zwei Sekunden schneller. 

Auch wenn er es öffentlich nicht zugab: Der Ärger, eine olympische Medaille verpasst zu haben, saß tief. Immerhin waren beide als die amtierenden Weltmeister nach Rio gefahren. Im Sport ist eben der Zweite der erste Verlierer.  

Der Kanute Franz Anton aus Löthain mit seiner Ehefrau Rebekka zur Hochzeit 2016.
Der Kanute Franz Anton aus Löthain mit seiner Ehefrau Rebekka zur Hochzeit 2016. © privat

In diesem Jahr aber in Tokio sollte es klappen. Der 30-Jährige fährt jetzt nur noch Einer-Canadier. Grund ist, dass die Zweier-Canadier aus dem olympischen Programm genommen wurden. Die Absage der Olympischen Spiele traf ihn hart, kam aber nicht unvorbereitet. "Wir waren im März in Australien und in Großbritannien. Damals haben wir schon viel von den Corona-Infektionen mitgekriegt," sagt er.  

Vielleicht ist für ihn die Verschiebung auch eine Chance. Denn endgültig qualifiziert war der Löthainer, der als Polizeiobermeister im Präsidium der Bereitschaftspolizei in Leipzig beschäftigt ist und der Sportfördergruppe angehört, noch nicht. Der Qualifikationsmodus ist ohnehin kompliziert.  Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Spanien hätte Deutschland zwar einen Startplatz, einen sogenannten Quotenplatz, für den C1 erringen können, doch das gelang nicht. Über die Hintertür hätte dies noch bei der Europameisterschaft im Juni geschafft werden können. Dann wäre das beste deutsche Boot nach Tokio gefahren. 

Franz Anton hat mit Sideris Tasiadis einen  starken Konkurrenten. Der 30-Jährige mit griechischen Wurzeln war schon 2012 in London bei Olympia dabei, holte im C 1 die Silbermedaille,  in Rio wurde er Fünfter. Tasiadis führt derzeit die Weltrangliste an, wurde bei der WM 2018 Dritter. Bei Franz Anton ist es gerade andersherum. Er ist der Weltmeister von vor zwei Jahren und Dritter der Weltrangliste.  Doch auch die Europameisterschaft findet nun wegen der Corona-Krise nicht statt. 

Nach der Absage der Olympischen Spiele für dieses Jahr hat Franz Anton erstmal eine Trainingspause eingelegt, zumal auch alle anderen Wettkämpfe nicht stattfinden, hielt sich mit Laufen und ähnlichem fit. Seit Montag voriger Woche trainiert er wieder. "Ich benötige etwa sechs Wochen,  um fit für den Wettkampf zu sein", sagt er.  Der Traum von der Olympiamedaille lebt weiter, auch wenn er erstmal verschoben werden musste. 

Franz Anton findet die Absage richtig, könnte sich aber durchaus auch Olympia ohne Zuschauer vorstellen, wenn es nicht anders geht. "Natürlich hört man die Anfeuerungsrufe. Aber wir Kanuten sind ja nicht gerade mit Zuschauern verwöhnt, zur Not könnte ich auch mit einem Wettkampf ohne Zuschauer leben. Ich denke, dass ich trotzdem meine Leistung abrufen würde", sagt er.

Vielleicht kommt ihm aber die Pause auch ganz gelegen, kann er dadurch möglicherweise   Sachen erledigen, für die er bisher keine Zeit hatte. So heiratete er 2016 seine Rebekka. Sie war ebenfalls bis 2015 Athletin im Kanu-Slalom und  ist nun angehende Grundschullehrerin. Eine Hochzeitsreise gab es bisher nicht.  Allerdings ist es mit dem Reisen im Moment auch sehr schwierig. 

Mit seinen 30 Jahren fühlt sich Franz Anton noch lange fit für seinen Sport, zu dem er durch einen Zufall fand.  Ursprünglich wollte er Fechter werden. Doch man befand ihn für diese Sportart als zu klein. Durch einen Schnupperkurs bei der SG Kanu Meißen fand der Löthainer Gefallen an der Sportart. Willenskraft, Ausdauer, Erfahrung, Mut, das sind Eigenschaften, die ein Wildwasserkanute haben muss und auch im höheren Alter noch haben kann. Sein großes Vorbild  Michal  Martikan ist mittlerweile 41 Jahre alt und immer noch aktiv.  

Der Traum von Olympia und einer Medaille lebt also weiter. Franz Anton ist nicht der erste aus der Familie, der das Flair Olympischer Spiele als Athlet erlebte.  Sein Großvater Horst Schubert war 1970 in Mexiko beim Modernen Fünfkampf dabei. Eine Medaille war ihm allerdings nicht vergönnt. "Wichtig ist nicht der Sieg, sondern Dabeisein", hatte einst Baron Pierre des Coubertin, der Begründer der modernen olympischen Spiele, als das Motto ausgegeben. Franz Anton reicht dies nicht: "Wenn ich schon  Weltmeister war und zu Olympia fahren sollte, dann reicht mir Dabeisein nicht. Dann will ich auch aufs Treppchen", sagt er. 

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