Von Regine Schlesinger
Sauer macht lustig, sagt der Volksmund. Das gilt aber nicht für Bäume. Die nehmen zu viel Saures im Boden übel. Das macht sie krank, sie wachsen schlechter und haben weniger Abwehrkräfte gegen Schädlinge. Doch dagegen gibt es zum Glück eine Medizin: Magnesiumkalk aus Dolomitgestein, der den sauren Böden aus der Luft verabreicht wird.
Deshalb wird seit gestern wieder häufiger das typische Geräusch von Hubschrauberrotoren über dem Ostergebirge zu hören sein. Es verkündet, dass die alljährliche Kalkung des Waldbodens begonnen hat. Der Startschuss dafür fällt im Waldgebiet Harthe und Haberfeld bei Fürstenwalde, informiert Stephan Radler vom Forstbezirk Bärenfels. Hier haben die beiden Hubschrauber zwei, drei Tage zu tun.
Für dieses Gebiet wie auch für alle weiteren ist der Wald während der Kalkung für Besucher zeitweise tabu. Die Sperrung dient ihrer eigenen Sicherheit, sagt der Forstmann. „Betreten verboten“-Schilder weisen darauf hin. Forstbezirkschef Wolfram Gläser bittet auch ausdrücklich darum, die Waldeinfahrten freizuhalten, damit die Kalkung reibungslos laufen kann. An den Wochenenden sollen die Sperrungen aber weitgehend aufgehoben werden, natürlich auch, sobald die Arbeit in einem Gebiet abgeschlossen ist. Nach Aufhebung der Sperrungen könnten auch wieder Pilze und Beeren von den gekalkten Flächen gesammelt werden, heißt es aus der Forstverwaltung. Die Früchte sollten lediglich gut abgewaschen werden, danach seien sie problemlos genießbar.
Wenn die Hubschrauber ihre Arbeit bei Fürstenwalde erledigt haben, werden sie bis zum 18. Juli ein Stück weiter westlich über dem Hirschberg bei Löwenhain kreisen. Der weitere Flugplan sieht vor, dass am 14. und 15. Juli im Bereich der Kohlhaukuppe gekalkt wird, vom 21. bis 25. Juli im Gebiet der Tellkoppe bei Oberbärenburg und im Anschluss der Waldboden bei Schellerhau. Ihre Abschlussrunden drehen die Helis ab Ende des Monates bis etwa 5. August über dem Kreuzwald bei Hartmannsdorf-Reichenau. Bellmannswald, Hartmannsdorfer Schweiz, der ehemalige Rittergutswald Reichstädt bis hin zur Röthenbacher Mühle werden mit verarztet.
Dieser Plan ist mit den jeweiligen Waldeigentümern und touristischen Anbieter abgesprochen worden, versichert Stephan Radler. Finanziert wird die Aktion über die EU und den Freistaat. Für die Waldeigentümer ist sie kostenlos.
Insgesamt wird bei dieser Bodenschutzkalkung eine Fläche von rund 2100 Hektar bearbeitet. Bestimmte Schutzgebiete und Biotope bleiben aber außen vor. Beim Forstbezirk wird davon ausgegangen, das pro Woche zwischen 500 und 600 Hektar gekalkt werden können. Wenn alles nach Plan läuft, ist spätestens Mitte August Schluss mit dem leisen Rieseln des Kalkes. Doch ganz so leise wird es wohl nicht werden, schon der Hubschrauber wegen. Die starten im genannten Gebiet von etwa 50 Stellen aus, die vorwiegend außerhalb der Wälder liegen. Stephan Radler erklärt, warum es so viele Startplatze gibt. Die Flugstrecken der Hubschrauber müssen aus wirtschaftlichen Gründen so kurz wie möglich gehalten werden, teilt er mit. Diese 50 Umschlagstellen werden in der Regel aber nicht länger als ein oder zwei Tage benötigt. Damit beschränkt sich der Lärm jeweils auf einen überschaubaren Zeitraum. Saurer Regen, verursacht durch die Schwefelbelastungen, die über viele Jahre von den tschechischen und deutschen Kohlekraftwerken abgegeben wurden, hat den Wäldern über einen langen Zeitraum sehr zugesetzt. Die Kalkung ist die eine wirksame Maßnahme gegen die schädlichen Auswirkungen. Im Forstbezirk werden laut Stephan Radler jährlich rund zwei Millionen Euro in den Landeswald gesteckt, damit aus reinen Fichtenbeständen vielfältige Mischwälder werden.