Von Thilo Alexe
In den Konflikt um Dresdens umstrittenstes Großprojekt kommt Bewegung: Die Linkspartei will im Stadtrat mit einem rechtlichen Trick den (bereits zweiten) Spatenstich für die Waldschlößchenbrücke verhindern und dem Regierungspräsidium (RP) die Möglichkeit entziehen, Bauaufträge auszulösen. Das juristisch komplexe Verfahren hat den Planfeststellungsbeschluss der Rechtsaufsichtsbehörde aus dem Jahr 2004 im Visier. Dieser, sagt Fraktionschef Ralf Lunau, habe zwar Baurecht geschaffen, sei aber nicht rechtskräftig, da noch mehrere Klagen gegen ihn anhingen. Und genau das ist in seiner Argumentation der springende Punkt.
So lange der Beschluss noch nicht vollkommen wasserdicht ist, kann der Stadtrat Lunau zufolge den Antrag, dass es durch das RP überhaupt eine Planfeststellung zur Waldschlößchenbrücke geben soll, zurücknehmen. Was sich im ersten Moment seltsam anhört, hat aus Sicht der Brückengegner den Vorteil, dass das Präsidium ausgebootet würde und damit nicht mehr in der Lage wäre, die im Stadtrat blockierte Vergabe von Bauleistungen an Unternehmen eigenmächtig durchzuziehen.
Unklar ist allerdings, ob es bei der heutigen Ratssitzung die einfache Mehrheit für den Vorstoß geben wird. Grünen-Fraktionschefin Eva Jähnigen kündigt eine Prüfung an, verweist aber auf den Bürgerentscheid pro Bau aus dem Jahr 2005. Lunau räumt ein, dass jener bindend sei. Der Antrag der Linkspartei ermögliche es aber dem amtierenden Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos), mit der Unesco ohne Zeitdruck einen Kompromiss auszuhandeln, der den Welterbestatus und eine Verkehrslösung beinhalte.
Das Regierungspräsidium gibt sich kämpferisch. „Sollte die Stadt den Antrag auf Planfeststellung zurücknehmen, hat dies keine Auswirkungen. Die Planfeststellung schafft nur Baurecht, der Bürgerentscheid dagegen Baupflicht“, sagt eine Sprecherin der Behörde.
Hinter den Rathauskulissen laufen die Verhandlungen über den 160 Millionen Euro teuren Verkehrszug auf Hochtouren – bislang aber ohne Ergebnisse. So zeichnen sich weder die erforderlichen Mehrheiten für einen zweiten Bürgerentscheid noch für die Vergabe der Bauleistungen ab. Das wahrscheinlichste Szenarium: Der Stadtrat präzisiert mit den Stimmen der Brückengegner einen Beschluss, wonach Vogel Widerspruch gegen den RP-Bescheid einlegen muss, der mit der Zwangsvergabe der Aufträge ab dem 25. August droht. „Dieser muss noch nachts per Fax ans Präsidium geschickt werden“, fordert Grünen-Frau Jähnigen. Darauf dürfte die Rechtsaufsicht die Bauaufträge auslösen – was im Amtsdeutsch Ersatzvornahme heißt. Gegen diese wiederum kann die Stadt – aufgefordert von der Mehrheit der Brückengegner im Rat – vor das Verwaltungsgericht ziehen. „Darauf wird es wohl hinauslaufen“, sagt Lunau.