Von Marco Mach
Wann bekommt man schon mal die Suppe von Roland Kaiser auf den Teller? Für Tom Herz und Tobias Krauß ging damit ein Traum in Erfüllung. Sie strahlten um die Wette. Denn die beiden 16-Jährigen sind nicht wie viele ihrer Altersgenossen Hip-Hop-Fans, sondern hören am liebsten Schlager. Etwa von Helene Fischer. Aber vor allem vom Kaiser.

Und der besuchte am Sonnabendmittag just Tobias und Toms Zuhause – das Albert-Schweitzer-Kinderdorf im Moritzburger Ortsteil Steinbach, das 1996 eröffnet wurde. Der 60-jährige Kultsänger startete dort den neuen gemeinsamen Markenauftritt der Kinderdörfer, dessen Botschafter er ist. Ein normaler PR-Termin vor seinem Konzert am Sonnabendabend in der Dresdner Messe, hätte man denken können. Aber Roland Kaiser nahm sich wirklich Zeit, eineinhalb Stunden lang, erkundigte sich intensiv über das Dorf, besichtigte das Gelände und letztlich auch ein Haus. Er gab sogar Einblicke in sein Vatersein: So wüssten seine Kinder, dass ein lauter Kaiser nicht so ernst zu nehmen sei wie ein leiser.
„Er hat sich für viele Details interessiert“, sagte sich Frank Richter, Geschäftsführer des Albert-Schweitzer-Kinderdorf-Vereins in Sachsen. Dieser hat fünf Häuser in Steinbach und zwei in den Dresdner Stadtteilen Lockwitz und Übigau. 30 Mitarbeiter, Erzieher und Pflegeeltern geben dort 33 Kindern und Jugendlichen aus zerrütteten Elternhäusern ein neues Zuhause und somit eine Perspektive.
Einige von ihnen begrüßten Kaiser aufgeregt, als dieser Punkt 12 vor der Tür einparkte und lässig mit grauer Jacke, Schal, Jeans und Turnschuhen ausstieg. Zunächst stand jedoch der offizielle Start der Imagekampagne auf dem Programm. Versüßt wurde er Kaiser mit Käsekuchen, seinem Lieblingskuchen, von dem er gleich ein Stück vernaschte, ehe er sagte: „In einer Familie aufwachsen zu können, ist für Kinder viel besser als im Heim.“ Selbst bei einer Pflegemutter groß geworden, engagiert sich der dreifache Vater seit 2006 für die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer. Am Anfang standen drei Konzerte in Spremberg/Brandenburg. Später hat er auch andere Dörfer besucht, für die Kinder gelesen und den 50. Geburtstag 2007 mitgefeiert. Das ist aber nicht Kaisers einziges soziales Engagement. Daneben setzt er sich als Vorstandsmitglied des Solidarfonds Castrop-Rauxel für zusätzliche Ausbildungsplätze und die Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser ins Berufsleben ein. Zudem ist er Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation sowie der Stiftung AtemWeg. Der Musiker selbst bekam 2010 eine neue Lunge, bevor er ein fulminantes Comeback feierte.
Nachdem er seine Unterschrift in Steinbach auf das neue Plakat und an die gelbe Wand des nach ihm benannten Saales setzte, hatten ihn endlich die Kinder wieder. Sie warteten schon in der Bibliothek auf ihn, wenn ihn auch nicht alle kannten wie Tobias und Tom. Annika Beyer, 9, und Celina Teubel, 8, genossen trotzdem die Nähe des freundlichen Onkels. Celina zeigte ihm später sogar noch ihr Zimmer: „Aber ich muss erst aufräumen.“ Das erinnerte den gebürtigen Berliner und Wahl-Münsteraner an seine eigenen Kinder: „Das kenn ich. Meine räumen immer gleich auf, wobei gleich ein sehr dehnbarer Begriff ist“, erzählte er Kinderdorfmama Silke Borrmann. Sie sei kein Fan von ihm, aber hält seine Musik für sehr gängig. Als Einstimmung auf den großen Besuch hörten sie am Freitagabend am Lagerfeuer nochmals seine unzähligen Hits – „Santa Maria“ und „Extreme“ sind nur zwei davon.
Kinderdorfeltern wie die Borrmanns zu finden, stellt für den Albert-Schweitzer-Verband übrigens derzeit ein Riesenproblem dar. Wohl auch, weil eine Voraussetzung dazu eine pädagogische Ausbildung eines Partners ist.
„Er sieht viel jünger aus als gedacht“, sagte Tom nach dem Besuch Roland Kaisers und freute sich, dass er wie die anderen von seinem Idol Autogramme und eine CD geschenkt bekommen hat. „Mein größter Wunsch ist es, einmal im Sommer bei der Kaisermania am Elbufer dabei zu sein.“ Vielleicht klappt es ja schon diesen August.
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