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Die Angst geht um im Einzelhandel

Seit heute sind viele Einzelhandelsgeschäfte bis nach Ostern geschlossen. Inhaber sehen besorgt in die Zukunft.

Von Sabine Larbig
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Der Minimarkt am Sachsendamm in Weißwasser hat auch eine Änderungsschneiderei. Thai Khac Anh ist der Inhaber. Doch wie es mit dem Laden, seinem Einkommen und somit auch wirtschaftlich für seine Familie weitergeht, weiß er derzeit nicht.
Der Minimarkt am Sachsendamm in Weißwasser hat auch eine Änderungsschneiderei. Thai Khac Anh ist der Inhaber. Doch wie es mit dem Laden, seinem Einkommen und somit auch wirtschaftlich für seine Familie weitergeht, weiß er derzeit nicht. © Joachim Rehle

Trotz Sonne und idealer Shoppingtemperaturen und der Tatsache, dass fast alle Geschäfte in der Innenstadt von Weißwasser ab heute für vier Wochen schließen müssen, blieb gestern ein Ansturm auf die Läden im Stadtzentrum aus. Dabei hatten die Einzelhändler auf viele Kunden gehofft. Auch wegen des bevorstehenden Osterfests und weil der von Stadt und Händlerschaft vorbereitete Einkaufssonntag am 4. April bereits abgesagt worden war. Selbst Sonderrabatte oder witzige Werbeslogans auf Internet- und Facebook-Seiten lockten am vorerst letzten Verkaufstag nicht mehr Kunden als normal.

Thai Khac Anh, Inhaber des Minimarkts am Sachsendamm in Weißwasser, verkaufte weniger als erwartet. Neben Textilien bietet er auch Änderungsschneiderei an. Ob er damit als Dienstleister gilt und weiter arbeiten kann, wusste er Mittwoch noch nicht. „Ich weiß nur, dass sich ein finanzielles Problem anbahnt“, sagt er.

Hilfe ist noch vollkommen unklar


„Wir verstehen die Maßnahmen, die uns alle schützen sollen. Doch welche Folgen das hat, weiß niemand“, erzählt eine Verkäuferin, die wie viele andere Betroffene in Weißwasser um ihr Einkommen und den Arbeitsplatz bangt. „Noch ist ja unklar, ob und welche Hilfe es für den Einzelhandel gibt“, begründet sie ihre Sorge.

Angst vor einem „wirtschaftlichen Ruin“ hat Susanne Ritter, Verkäuferin im gleichnamigen Textilhaus, einem von Ehemann Rico geführten Familienunternehmen. „Für uns kleine Händler in Weißwasser ist es so schon schwer, zu überleben.

„... eine Katastrophe.“

Die mit Corona verbundene wochenlange Zwangsschließung der Läden ist daher eine Katastrophe.“ Normalerweise würden sie und ihr Mann im März und April Kunden beraten, die Frühjahrsmode oder Outfits für Hochzeiten, Jugendweihen, Konfirmationen, das Osterfest oder Familienfeste kaufen wollen. „Wir haben uns mit der Kollektion darauf vorbereitet. Nun fallen alle Feste, Veranstaltungen, der einkaufsoffene Sonntag aus – und zusätzlich müssen wir schließen. Ein Totalausfall. Mir ist richtig schlecht beim Gedanken, wie es weiter gehen soll“, bekennt Susanne Ritter. Als angestellte Verkäuferin bleibe ihr wohl nur der Gang zum Arbeitsamt, um Geld für den Lohnausfall zu bekommen. „Jetzt ist die Politik gefragt, um selbstständige Einzelhändler zu retten.“

Betroffen von der Geschäftsschließung ist auch Gabriele Hänchen, Inhaberin von „Gabis Blumeneck“ in Weißkeißel. „Ich weiß nicht, wie man mit der Situation umgehen soll und wie es weitergeht. Als Selbstständige habe ich auch kein Vertrauen in die Hilfsversprechen der Politik. Ich werde wohl an die Rücklagen gehen müssen.“ „Abgesehen von den wirtschaftlichen Verlusten blutet mir das Herz, weil ich die vielen schönen Schnittblumen im Laden jetzt einfach wegschmeißen muss“.

Anders als Obst-, Gemüse- oder Blumenhändler müssen Uhrmachermeister Hartmut Schirrock und Sohn Robert, Goldschmiedemeister und Geschäftsinhaber des Weißwasseraner Uhren- und Schmuckladens Schirrock, nichts wegwerfen. Als Handwerker und Dienstleister dürfen sie ihrer Arbeit nachgehen. „Wir können wenigstens die Reparaturannahme und -ausgabe aufrechterhalten und Online-Aufträge wie Gravuren abarbeiten. Die Werkstatt macht 40 Prozent unseres Umsatzes aus, sodass wir noch ein paar Einnahmen haben. Mietkosten, Nebenkosten und mehr laufen aber weiter“, erklärt Senior-Chef Hartmut Schirrock. Was Einsatz oder Freistellung von Mitarbeitern betreffe, überlege man noch. „Sicher wird es so kommen, dass wir Kurzarbeitergeld beantragen. Um es zu bekommen, müssen unsere Mitarbeiter aber zuvor Überstunden und anteiligen Jahresurlaub genommen haben.“

Hoffen auf die Zeit danach

Dass es nach der Corona-Zwangspause mit seinem Reisebüro in Krauschwitz weitergeht, hofft Wolfgang Droigk. Noch hat er trotz geschlossener Geschäftstür alle Hände voll zu tun: Er muss Stornierungen bereits angetretener oder gebuchter Kundenreisen bearbeiten. „Weil Kultur- und Großveranstaltungen abgesagt sind, entfallen aber auch alle Beförderungsfahrten zu Konzerten oder Theateraufführungen fernab. Storniert sind außerdem alle Tagesfahrten. Wirtschaftlich wird es für mich sehr schwierig“, schätzt der Solo-Unternehmer ein. Noch setzt er darauf, dass die Menschen ab April oder Mai wieder Reisen, Ausflüge, Zubringerfahrten & Co. buchen. „Solange ich schließen muss, werde ich die Zeit für Vorgangsbearbeitungen, Büroarbeiten und zu Weiterbildungen nutzen.“ Wie seine Kunden musste auch er sich von Reiseplänen verabschieden: Gebucht war ein Familien-Kurzurlaub über Ostern in Italien. Nun muss sich Wolfgang Droigk darum kümmern, dass auch er das bereits bezahlte Geld für seine Reise zurückerhält.

Existenzielle Herausforderung

Geteilt werden die Zukunftssorgen der Händler und ihrer Mitarbeiter von vielen Bürgern in sozialen Netzwerken. So postete Diana Krautz in einer Weißwasseraner Gruppe: „Für viele kleine Geschäfte war gestern der letzte Öffnungstag, während die großen Märkte offen bleiben. Auf unbestimmte Zeit geschlossen zu haben, ist eine existenzielle Herausforderung. Und sie haben sich mit ihrem Angebot auf das Osterfest eingerichtet. Doch nicht alle Waren sind vom Verfallsdatum verschont oder können nach Ostern verkauft werden.“

Aber gibt auch andere Meinungen. So ist andererseits von „Panikmache“ oder „Ostern fällt aus. Das Beste, um Geld zu sparen“ oder „Werdet schon entschädigt“, zu lesen. Dazu äußerte Yannik Stehlin: „Das hoffe ich. Unsere Politik ist dahingehend jedoch nicht immer schnell und verlässlich.“ Der Gang in Läden vor Ort bleibe daher eine Hilfe. „Amazon und Co.“

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