Von Sven Heitkamp, SZ-Korrespondent in Leipzig
Wie ein vierblättriges Kleeblatt breitet sich das neue Seenland im einst von Kohlebaggern geschundenen Leipziger Süden aus: Cospudener und Markkleeberger See im Norden der A 38 sind seit Jahren beliebte Bade- und Bootsparadiese, der Störmthaler See wurde Anfang der Woche als drittes Großwasserbecken eröffnet. Im Mai kommenden Jahres folgt als vierter und letzter auch der Zwenkauer See. Und in der Tat ist die Wassersportlandschaft der sächsischen Metropole ein Glückbringer für die Region: Naherholung und Tourismus, Lebensqualität und lokale Wirtschaft entwickeln sich Hand in Hand, der Freizeitwert der Stadt ist enorm gestiegen.

Unter dem Motto „Die Wanne ist voll“ feierten Tausende Gäste jetzt den Start in die erste Saison des Störmthaler Sees. Seit 2003 war der frühere Braunkohle-Tagebau vom Bergbausanierer LMBV geflutet worden. Mitten auf der türkis schimmernden, 730 Hektar großen Wasserfläche erinnert die schwimmende Kirche Vineta symbolisch an das verschwundene Dorf Magdeborn und ist Mahnmal für jene Orte, die dem Kohlenabbau weichen mussten. Das Leipziger Krystallpalast-Varieté betreibt das 15 Meter Holz-Kirchlein inzwischen als Veranstaltungsort für Lesungen und Konzerte, für Hochzeiten und andere exklusive Events. Maränen bevölkern das Wasser, Möwenschwärme die Luft.
Auf der Magdeborner Halbinsel eröffnet außerdem in ein paar Wochen das Ferienresort „Lagovida“ mit 250 Betten in Fünf-Sterne-Ferienappartements, Suiten, Hafen- und Dünenhäusern rings um einen Sportboothafen sowie einen „Wohnmobilhafen“ und Waldspielplatz. An den Ufern des 56 Meter tiefen ehemaligen Baggerlochs gibt es neben Bootsverleihern auch Abenteuertouren mit einem historischen Amphibienfahrzeug. Einmal im Jahr ist der See zudem Kulisse für das dreitägige Highfield-Rockfestival mit 25 000 Besuchern. Sogar Wein wird an einem Hang angebaut – wenngleich das Umweltministerium davon anfangs wenig begeistert war.
Dennoch lobt auch Minister Frank Kupfer (CDU): „Das Leipziger Neuseenland ist längst kein Traum mehr, das macht die Freigabe des Störmthaler Sees einmal mehr deutlich.“ Der Freistaat habe in Infrastruktur zur Nachnutzung der sächsischen Braunkohlereviere insgesamt rund 70 Millionen Euro investiert. Dazu gehört auch die 800 Meter lange Kanal-Verbindung zwischen Störmthaler und Markkleeberger See, die voriges Jahr mit der Fertigstellung einer neuen Schleuse komplettiert wurde. Den Höhenunterschied von vier Metern können nun auch Schiffe überwinden. Größte Attraktion am 2006 übergebenen Markleeberger See ist der Wildwasser-Kanupark, in dem auch Laien im Schlauchboot spektakuläres Rafting erleben.
Unklar ist indes seit Jahren, welche Arten von Booten künftig auf den Gewässern unterwegs sein dürfen. Die Region will neben Paddlern und Co. in erster Linie Boote mit Elektromotoren zulassen – aber Benziner und Dieselmotoren untersagen. Da die Gewässer per Gesetz jedoch generell freigegeben werden, müssen Verbote gut begründet werden. Geplant ist jetzt, Ausnahmen nur für Gäste von außerhalb Leipzigs sowie generell auf dem Zwenkauer See zu machen. Er wird mit 970 Hektar das größte Gewässer im Leipziger Seenland. Bis zu seiner Eröffnung 2014 soll auch die Diskussion mit dem Freistaat um die Elektroboote ausgestanden sein.
Anders als im Lausitzer Seenland, das mit der Flutung einiger Tagebaulöcher hinterherhängt, wird das Zwenkauer Areal sogar zwei Jahre eher als einst geplant fertig. Geholfen hat dabei das Hochwasser im Juni vorigen Jahres, das den Wasserspiegel um zwei Meter angehoben hat. Einzig die Wasserqualität macht den Technikern noch Sorgen. Durch massenhaft Kalk und rund 660 Filteranlagen soll der Säure-Grad noch auf Normalmaß verbessert werden.
Wenn die touristische Erschließung im Leipziger Süden und im Norden abgeschlossen ist, sind insgesamt 18 Bergbaufolgeseen mit etwa 200 Kilometer Wasserwegen für Einheimische und Touristen befahrbar. Zwei Seen bleiben dem Naturschutz vorbehalten. Bis 2017 werden laut LMBV noch 1,3 Milliarden Euro in die Sanierung ehemaliger Bergbaugebiete in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen fließen.