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Die Beweislast ist erdrückend

Wegen Unfallflucht musste sich gestern ein 23-Jähriger vor dem Meißner Amtsgericht verantworten.

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Von Jürgen Müller

Es ist der 3. Februar dieses Jahres, kurz vor 20 Uhr. Im Dunkeln taucht auf der Leipziger Straße in Zehren ein Auto in rasender Fahrt auf. Nach einer Kurve am Zehrener Berg kracht der Mitsubishi gegen einen Telefonmasten der Deutschen Telekom. Der stürzt um, es entsteht ein Sachschaden von knapp 450 Euro. Die beiden Insassen des Unfallautos werden wenig später von Bekannten am Unfallort abgeholt. Die Unfallverursacher benachrichtigen die Polizei nicht. Sie lassen das kaputte Auto abschleppen, machen sich aus dem Staub. Erst am nächsten Tag holen Anwohner die Polizei, weil ihr Telefon nicht mehr funktioniert. Anhand des Kennzeichens wird der Halter ermittelt. Der 23-jährige gebürtige Riesaer G., der jetzt in der Nähe von Großenhain wohnt, bekommt einen Strafbefehl. Gegen den legt er Einspruch ein. Er habe das Auto gar nicht gefahren, sondern just an jenem Tag an einen Polen verkauft, behauptet er. Vor Gericht verweigert er jede Aussage. Sein Anwalt legt einen Kaufvertrag vor. Er ist auf den 2. Februar 2006 datiert. Sogar die Uhrzeit des Verkaufs steht drauf: 11.45 Uhr.

Die Ex-Freundin widerruft

Als die Polizei den Beschuldigten vernimmt, macht er widersprüchliche Angaben zum Fahrzeugverkauf. Der Kaufvertrag sei bei seiner Freundin in Dresden, dort habe er sich zum Tatzeitpunkt auch aufgehalten. Die Freundin verschafft ihm auch ein Alibi, behauptet bei der Polizei, dass sich G. bei ihr aufgehalten habe. Vor Gericht widerruft die Ex-Freundin diese Aussage. G. habe sie angerufen und ihr gesagt, dass er gerade sein Auto gegen einen Telefonmasten gesetzt habe, sagt sie. „Ich war dumm und naiv, wollte ihm helfen, war mir nicht der Konsequenzen bewusst, die bei einer Falschaussage drohen“, sagte sie gestern.

Auch der Zeuge S., der gerade vor dem Grundstück seiner Eltern rauchte, als der Unfall passierte, erkennt den Unfallfahrer eindeutig wieder. G. und der Beifahrer hätten jede Hilfe abgelehnt. Es habe sich bei den beiden eindeutig nicht um Ausländer gehandelt. Nach einiger Zeit sei ein Auto gekommen, in das die beiden Unfallfahrer einstiegen. An der Schule in Zehren habe dieses Auto offenbar gewendet und sei zurückgekommen. „Dann haben sie die Kennzeichen abgeschraubt“, so der Zeuge. Eine halbe Stunde später habe der Abschleppdienst das Auto geborgen. Auch ein weiterer sehr glaubwürdiger Zeuge, der den Unfall beobachtet hat, bestätigt diese Angaben.

Einspruch zurückgezogen

Der Anwalt des Angeklagten beantragt unter der erdrückenden Beweislast eine Verhandlungspause. Danach zieht er den Einspruch zurück. Der Staatsanwalt stimmt zu. G. muss eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zahlen, außerdem erhält er Punkte in Flensburg. Zusätzlich muss er die Kosten des Verfahrens tragen. Bei einer Verurteilung wäre die Geldstrafe weit höher ausgefallen. „Bedanken Sie sich bei Ihrem Anwalt“, so der Richter zum Angeklagten.