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Die „Bierhähne“ nehmen die Frauen aufs Korn

600-Jahr-Feier. Ganz gegen den Trend feiert Stölpchen ohne Festumzug. Und amüsiert sich dennoch prächtig.

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Von Doreen Lehmann

Da waren sie wieder: Musikus, Fabrikdirektor, Gutsbesitzer und Zuckertütenkind. Aber nur auf Fotos. Dieses Mal gab es nämlich keinen kostümierten Feierpulk, keine Trecker, Pflüge und bunten Hänger. Stölpchen ersann eine kleinere Variante für seine 600-Jahr-Feier und wartete am Sonnabend mit etwas Besonderem auf. Da gab es diese Ankündigung „Überraschungsprogramm“, welche von harmlos (Miniplaybackshow?) bis verwegen (Erotikshow?) alles hätte sein können. Nach 20 Uhr und in launiger Feierrunde sollte man schließlich mit allem rechnen. Doch dann kamen sie: Zwei Männer mittleren Alters, stattlichen Bierbauch-Ausgaben und jeder Menge Humor im Gepäck. Als Radeberger Comedy-Duo „Die Bierhähne“ sorgten Holger Blum und Hans-Jörg Hombsch für Jokus zum beliebten Thema Geschlechterunterschied. Mal grandios, mal etwas bierselig.

Sie packten aus, was es heißt, ein freier Mann zu sein: Strohwitwer nämlich. „14 Tage ohne Frau, da wirste neidisch, was“ – der angesprochene Herr im Publikum lächelt lieber erstmal nur verhalten. Die Gattin sitzt neben ihm. Doch es werden an diesem Abend gerade die Frauen sein, die für die unbefangensten Heiterkeitsausbrüche sorgen. Laute Gluckser und Juchzer sind des Öfteren zwischen den Bänken zu hören.

„Mir sin eine säggsche Boygroup“, stellen sich „Blumi“ und „Hans-Jürschn“ zunächst einmal vor, „gegründet vor 20 Jahren und seitdem verboten – von unseren Ehefrauen“. Später wissen die Stölpchener auch, warum. Denn wehe, wenn Strohwitwer die freie Wildbahn anpeilen. Ihre Gattinnen sind gerade verreist und so reden die beiden offenherzig über die Bedürfnisse eines Mannes.

Das BH-öffnen verlernt

Die fangen bekanntlich alle mit „F“ an: Flaschenbier, Fußball, Fernbedienung. Ach ja, Fremdgehen bisweilen auch. Letzteres ging bei Blumi in die Hose, da er in 20 Jahren Ehe verlernt hat, wie man schnellstens einen BH entsichert. Andrea Grafe aus dem Publikum zeigt es ihm galant und darf auch bei einem späteren Gag assistieren.

Da hat Bierathlet Blumi seinen Führerschein eingebüßt und will sich schon mal an den Schmerz gewöhnen, der entsteht, wenn er seiner besseren Hälfte beim Fahren zuschauen muss.

War ja auch nur Spaß. So nehmen es alle Ehehälften in der Runde mit der gehörigen Portion Selbstironie und schenken den angereisten Komödianten begeisterten Beifall. Und dann legen die Bierhähne noch ein köstliches Finale hin. Sie besingen die männliche Ohnmacht gegenüber der unergründlichen Weiblichkeit: „Mein Gott, was Frauen alles tun, mein Gott, was Frauen alles brauchen….“ Der Bierbauch bekommt seine letzte Streicheleinheit und Schluss.

Es war ein gelungener Auftakt zur Jubiläumsfeier des kleinen Thiendorfer Ortsteils Stölpchen. Am Sonntag wurde fröhlich weitergemacht, mit Böllerschießen, Frühschoppen, Zauberei und natürlich Tanz. „Wir sind zwar nur rund 100 Einwohner, aber jeder hat vorher gesagt: Ich mach’ was“, erzählt die Cheforganisatorin Sabine Gutte. Auch sie ließ sich überraschen, denn alles hatten ihr die Dorfbewohner vorher nicht verraten.