Blinde Katze Walli findet gutes Zuhause

"Ja, das ist wirklich eine außergewöhnliche Geschichte", sagt Christine Otto, die seit zehn Jahren ehrenamtlich im Tierheim Pirna aushilft und sich selber auch "Katzenmutti" nennt.
Zu erzählen ist eine schöne Geschichte, die von Tierliebe und Anteilnahme handelt. Im Mittelpunkt steht dabei die Katze Walli. Sie ist keine gewöhnliche Katze. Walli hat keine Augen; sie ist blind. "Wir konnten nicht erkennen, ob es eine Operation durchgeführt wurde oder ob Walli ohne Augen geboren wurde. Aber sie muss ein Zuhause gehabt haben, denn in der freien Natur hätte sie mit diesem Handicap nicht überleben können", erklärt Christine Otto.
Beeindruckende Orientierung
Anfang Februar lief Walli einer Familie in Langenwolmsdorf zu. Die Fundeltern kümmerten sich liebevoll um Walli und wollten sie auch behalten. "Doch das ging schlecht, denn die Familie hat bereits zwei Katzen, die sich mit Walli nicht so gut vertrugen", berichtet Otto. Also meldeten sie sich beim Ordnungsamt in Stolpen, mit der Bitte, Walli ins Pirnaer Tierheim zu bringen. Das Amt kam dieser Bitte nach.
Walli kam zunächst in Quarantäne und sollte dann ins Katzenzimmer mit anderen Fellnasen gesetzt werden. "Sie konnte sich auch gut orientieren. Ich habe beobachtet, wie Walli zuerst kleine Kreise ging, die dann immer größer wurden. Wenn sie anstieß, merkte sie sich die Stelle und mied sie", erklärt die Katzenmutter, die von den Fähigkeiten der blinden Walli durchaus beeindruckt war. Schließlich nahm sie Walli aber doch wieder aus dem Katzenzimmer heraus, da ihr die Situation doch zu gefährlich erschien. Was wäre passiert, wenn Walli auf ein höher gelegenes Brett gesprungen wäre?
Walli kam also wieder in den Käfig und wartete darauf, dass sie vermittelt werden konnte. Lange dauerte es nicht. Ein Pärchen hatte Walli auf der Internetseite des Tierheimes entdeckt und wollte gezielt diese blinde Katze bei sich aufnehmen. Allerdings riet die erfahrene Christine Otto den Erstinteressenten ab. "Sie hatten zu Hause bereits eine kleine Katze, die noch sehr verspielt ist. Das hätte zu Schwierigkeiten geführt", meint Otto.
Liebe auf den ersten Blick
Doch dann kam Frank Patzig aus Dresden. Eigentlich wollte der Frührentner zwei Katzen aus dem Pirnaer Tierheim bei sich aufnehmen. Als er Walli sah, warf er diesen Plan über den Haufen. "Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt der Dresdner und berichtet weiter: "Die Walli kam sofort auf mich zugelaufen und setzte sich vor meine Füße. Da wusste ich: Diese Katze gehört zu mir."
Seit rund drei Wochen lebt Walli jetzt bei Frank Patzig in Dresden. Die beiden kommen prima miteinander aus. "Wenn sie noch unsicher ist, geht sie vorsichtig an der Wand entlang. Aber sie darf auch auf den Balkon, der gesichert ist", erklärt das Herrchen, der ebenso wie Christine Otto über den guten Orientierungssinn seiner Katze nur staunen kann. "Ich denke, Walli tastet sich auch mit den Schnurrbarthaaren zurecht."
Keine Problem hat Walli, ihr Futternapf zu finden. Wenn Frank Patzig mit der Trockenfutter-Schachtel raschelt, kommt sie sofort angelaufen und freut sich über die Leckerlis.
Der Dresdner ist erfahrener Katzenbesitzer. "Ich habe bisher alle meine Tiere aus dem Tierheim", sagt er. Vor Kurzem musste er seine geliebte Katze Lissi einschläfern lassen, die 23 Jahre alt wurde. "Ich wollte genau so eine Katze wieder haben, wie Lissi". Und das ist ihm mit Walli gelungen. "Sie ist ebenso verschmust und mir zugewandt wie ihre Vorgängerin", freut sich Patzig. Dass Walli blind ist, stört ihn überhaupt nicht. "Ich gebe Walli nicht wieder her", sagt Patzig und streichelt dem Stubentiger liebevoll über das Fell. Ein lautes Schnurren ist die prompte Reaktion.
Kurzer Nachtrag: Auch nachdem Walli schon gut in Dresden angekommen war, meldeten sich noch sechs weitere Interessenten im Tierheim, die auf der Homepage von dem Schicksal der blinden Katze erfahren hatten und helfen wollten. "Es ist wirklich beachtlich, dass eine Katze mit einer so starken Einschränkung so viel Interesse erhält. Schön, dass es tierliebe Menschen gibt, die nicht nur kleine süße Kätzchen haben wollen, sondern auch an unsere Sorgenkinder denken", sagt Christine Otto.