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Die Deutsche Bank im Fadenkreuz

Wer vom Flugzeug aus die Skyline von Frankfurt betrachtet, hat Mühe, die Türme der Deutschen Bank überhaupt zu entdecken - die Wolkenkratzer der Konkurrenz sind inzwischen deutlich höher.

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Von Alexander Missal

Dennoch gerät das größte deutsche Kreditinstitut immer wieder als das Symbol der Finanzwelt und der negativen Auswüchse des Kapitalismus in die Schlagzeilen. Mit gezielten Tritten ins Fettnäpfchen - von den „Peanuts“ bis zum Siegeszeichen vor Gericht - haben die Vorstandssprecher der Bank ihren Teil dazu beigetragen.

Rolf Breuer, Aufsichtsratsvorsitzender der Bank und Vorgänger ihres heutigen Chefs Josef Ackermann, ist die Sonderrolle leid. „Wir wollen keine deutsche Ikone sein“, bekannte er im kleinen Kreis, nachdem ein unerwarteter Sturm der Entrüstung über die Deutsche Bank hereingebrochen war.

Anlass war ein Stellenabbau von 6.400 Arbeitsplätzen, der simultan mit einem stark gestiegenen Gewinn und ehrgeizigen Renditezielen verkündet wurde - einen Tag, nachdem die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland erstmals die Grenze von fünf Millionen überschritten hatte. Vertreter aus Politik, Wirtschaftsverbänden und Wissenschaft gaben inmitten des Karnevals jegliche Zurückhaltung auf und kritisierten den Schritt als „Schweinerei“, sahen „tumbe Geldmenschen“ am Werk und riefen sogar zum Boykott der Bank auf.

Frank Roselieb vom Kieler Institut für Krisenforschung gibt der Vorgehensweise der Bank eine Mitschuld: Die gute Nachricht eines Gewinnsprungs und die schlechte des Personalabbaus hätte nicht zeitgleich von ein und derselben Person, nämlich Ackermann, verkündet werden dürfen. „Den Bankern in ihren Zentralen fehlt die Anbindung an die realen Probleme der Menschen. Die Filialen sind weit weg“, betonte Roselieb. Aufsichtsrat Breuer zeigte sich bereits reuevoll. Banken umgebe immer der Schleier des Geheimnisvollen. „Wir müssen mehr erklären“, meinte er.

Kontroversen um Äußerungen und Auftritte von Deutsche-Bank- Managern haben inzwischen Tradition. Der frühere Vorstandssprecher Hilmar Kopper hatte offene Handwerkerrechnungen in Millionenhöhe im Zusammenhang mit dem Skandal um den gescheiterten Baulöwen Jürgen Schneider 1994 als „Peanuts“ - also „Kleinigkeiten“ - bezeichnet. Die Tochter „Deutsche Bank 24“ mutierte 2000 durch ungeschickte Kommentare zum Symbol für eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, weil die vermögenden Privatkunden vom Mutterhaus betreut wurden. Im vergangenen Jahr schließlich ließ sich Ackermann als Angeklagter im Düsseldorfer Mannesmann-Prozess grinsend mit Siegeszeichen von den Kameras ablichten - und erklärte später, die Geste sei eine Nachahmung des Popstars Michael Jackson gewesen.

Die Rolle des Aushängeschilds kann das Kreditinstitut nur schwer ablegen. „Die Deutsche Bank entstand 1870 im Zusammenhang mit der Reichsgründung zur Unterstützung des deutschen Außenhandels. Sie galt immer als die größte und die 'deutsche' Bank - das war nicht nur eine Formel“, erklärt der Frankfurter Historiker Lothar Gall. Mit der Auflösung der Deutschland AG, eines Netzwerks von Banken und Industriekonzernen, und der internationalen Expansion im Investmentbanking änderte sich das Profil der Deutschen Bank zwar grundlegend, doch in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt die historische Rolle lebendig.

So groß die Aufregung auch ist, die Folgen einer Imagekrise für den Geschäftserfolg der Bank dürften nach Einschätzung von Krisenforscher Roselieb dennoch überschaubar sein. Boykottaufrufe könnten bei Lebensmitteln oder anderen Produkten, die täglich neu gekauft werden, Erfolg haben. „Aber niemand wird wegen eines Fehltritts von Herrn Ackermann sein Konto bei der Deutschen Bank auflösen“. (dpa)