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Die Einheits-Kastanie von Klotzsche

An der Geschwister-Scholl-Straße in Klotzsche steht eine Kastanie der deutschen Einheit. Der Baum ist an dem Durchgang zur Travemünder Straße zu finden und mit einem Gedenkstein versehen, auf dem das Datum der staatlichen Wiedervereinigung vermerkt ist.

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An der Geschwister-Scholl-Straße in Klotzsche steht eine Kastanie der deutschen Einheit. Der Baum ist an dem Durchgang zur Travemünder Straße zu finden und mit einem Gedenkstein versehen, auf dem das Datum der staatlichen Wiedervereinigung vermerkt ist.

„An dem Tag haben wir den Baum gepflanzt, und zwar aus Freude über die wiedergewonnene Einheit“, berichtet Siegfried Bannack. Er hat sich in Klotzsche als Ortshistoriker einen Namen gemacht und lebt mit seiner Frau Anita ein paar Schritte entfernt in der Straße.

Den Setzling hatte er aus dem Park der Medizinischen Diagnostik geholt, wo er damals arbeitete. Unter einigen alten Kastanien waren dort Jungbäumchen wild gewachsen. Erst habe er den Baum im eigenen Garten eingepflanzt, erzählt Bannack. Aber dann hätten sie sich überlegt, dass er dort wohl doch zu groß für die kleine Fläche werden könnte. Deshalb habe er die Kastanie umgesetzt.

Sogar den Stein mit dem Datum habe er selbst gemeißelt, berichtet der Rentner. Er habe eine Gehwegplatte genommen, die Ziffern mit einer Schablone aufgemalt und dann mit Hammer und Meißel losgelegt. Die Kosten für einen Steinmetz seien ihm zu hoch gewesen.

Mit dem Ergebnis der deutschen Wiedervereinigung ist er sehr zufrieden. „Plötzlich konnten wir überall hinreisen, und das haben wir ausgiebig getan“, erzählt er unter der Kastanie. Sie hätten das Haus sanieren können, weil es endlich Material dafür gegeben habe. Auch die Wohnung hätten sie neu einrichten können, und ein schönes Auto hätten sie sich ebenfalls kaufen können.

Trotzdem sei noch nicht alles erreicht, was er sich wünsche. Am wichtigsten wäre es ihm, wenn sein Sohn in Dresden Arbeit fände und zurückkehren könnte. Er ist in der Nähe von München als Optikmechaniker tätig. Auch sonst seien noch einige Ungerechtigkeiten geblieben, die überwunden werden sollten. Er denkt dabei vor allen Dingen an gleiche Löhne in Ost und West sowie generell die Lebensverhältnisse.Stefan Rössel