Von Ute Kaufer
In Hertigswalde bestanden etwa 50Firmen, die Kunstblumen gefertigt und vertrieben haben. Nicht alle haben gleichzeitig existiert und auch ihre Größe war sehr unterschiedlich.
Schon 1872 gab es in Hertigswalde nachweislich eine Blumenfabrik. Diese wurde aber von einem Nixdorfer betrieben. Er beschäftigte unter anderem Mädchen aus Nixdorf unter 14 Jahren. Damit umging er das Verbot von Kinderarbeit, das für sächsische Landeskinder galt. Eine tägliche Arbeitszeit von 13 Stunden, von denen zwei Stunden als Pause genutzt werden durften, war üblich.
Blumen und Zwirnartikel
Es war der Drahtwebfabrikant Ferdinand Hesse, der ab 1875 in der Nummer 38 (jetzt 144) von Hertigswalde produzierte und auch zu Messen fuhr.
Im Arbeitsbuch vom Gemeindevorstand Robert Böhme ist zu lesen: „Die Königliche Amtshauptmannschaft Schandau wird hiermit ergebenst ersucht, sobald als möglich eine Gewerbe-Legitimationskarte für Herrn Ferdinand Hesse in Hertigswalde zum Verkauf von Kunstblumen und Zwirnartikeln auszustellen. Herr Hesse ist gegenwärtig in Frankfurt und kann ohne Legitimationskarte nicht weiterreisen. Herr Hesse hat im Jahr 1874 hierorts ein Bauerngut gekauft und betreibt da selbst sein Geschäft.“
Die größte Blumenfirma in Hertigswalde war Josef Rösler jun. Josef Rösler kam auch aus Nixdorf und begann in Sebnitz mit der Blumenmacherei. 1897 kaufte er das Haus Nr. 8B (30) in Hertigswalde und erweiterte dieses um eine Blumenstube. Dabei gewann er im ersten Stock des zweigeschossigen Hauses eine kleine Wohnung.
Kantinenausschank genehmigt
Ein Bild mit der Belegschaft zeigt, dass es zu Beginn eine kleine Firma war. 1905 errichtete er an der „Pfefferminze“ neue Gebäude und vergrößerte seine Firma. Spezialartikel waren Apfelblüten und Vergissmeinnicht, die bis nach Amerika geliefert wurden, kunstvoll in Kartons eingenäht. Außergewöhnlich für diese Zeit war, dass er auf Antrag bei der Königlichen Amtshauptmannschaft Pirna einen Kantinenausschank genehmigt bekam. Dafür bekam er Auflagen: Es durften nur Flaschenbier, Wurst, Käse und Marinaden an die in der Firma beschäftigten Arbeiter verabreicht werden. Zu dieser Zeit waren es 70Mitarbeiter. Vom Gemeindeamt wurde Josef Rösler bestätigt, dass über ihn nichts Nachteiliges bekannt war und dass er „gut beleumundet und von guter Gesinnung“ sei. Weitere Bedingungen waren, dass der Kantinenraum nach außen aufschlagende Türen haben musste, Zugang und Treppen stets gut beleuchtet zu sein hatten, kein Branntwein ausgeschenkt werden durfte und dass der Ausschank nur an die in der Firma Beschäftigten und dort geschäftlich Verkehrenden erlaubt war. Den Erlaubnisschein erhielt Josef Rösler am 13. Januar 1911. Den Kantinenbetrieb übergab er seinen Arbeitern Max Zimmer und später Paul Hermann Pfeil aus Hertigswalde.
Auf diese Weise gab Josef Rösler vielen Menschen Lohn und Brot. In seinen Waldungen unterhalb der Hohen Straße baute er Sammelbehälter für Wasser und legte Leitungen in seine Firma und zu vielen Häusern im Dorf.