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Die fleißigen Helfer aus Eritrea

Flüchtlinge aus Gorbitz säubern Wege und reparieren Bänke. Manchmal werden sie dafür beschimpft. Meistens gelobt.

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© Sven Ellger

Von Simone Burig

Mit dem Fahrrad machen sich Michael Kibrom und seine Kollegen jeden Morgen auf den Weg zur Arbeit. Um 7 Uhr radeln sie in Gorbitz los. Für den knapp 15 Kilometer langen Weg bis ins Ortsamt Loschwitz brauchen sie eine Dreiviertelstunde. Doch den Weg nehmen die Männer aus Eritrea gern auf sich. Sie sind acht von 600 Asylbewerbern, die derzeit in Gorbitz leben. Und sie gehören zu den wenigen, die Arbeit haben.

Trotz der hochsommerlichen Temperaturen tragen die Männer dicke Handschuhe – Arbeitshandschuhe. Sie hantieren mit Besen und Rechen, kehren Laub zusammen, beseitigen Unkraut, sammeln Müll auf. Seit mehr als neun Monaten leben sie in Gorbitz. Seit Mai arbeiten sie als eine Art Bürgerarbeiter im Ortsamtsbereich Loschwitz. Bis nach Pillnitz fahren die fleißigen Helfer, um ihre Aufgaben zu erledigen. Sechs Monate lang arbeiten sie in dem Projekt. Ortsamtsleiterin Sylvia Günther ist dankbar und lobt die jungen Männer: „Sie sind unglaublich fleißig und immer pünktlich.“ Und pünktlich heißt in diesem Fall um 8 Uhr. Im Ortsamt Loschwitz streifen sie ihre Arbeitskleidung über und besprechen die Aufgaben für den Tag. Hier treffen sie auch Stefan Aulich. Der 54-Jährige ist ihr Vorarbeiter.

Zwischen 21 und 34 Jahre sind die Eritrer alt. Sie freuen sich, arbeiten zu können. „Bisher haben wir nichts gemacht, außer viel geschlafen und gewartet, dass der Tag vergeht“, erklärt Michael Kibrom. Der 27-Jährige kann Englisch und fungiert oft als Dolmetscher zwischen Stefan Aulich und seinen Landsleuten. Die lernen seit einigen Wochen auch Deutsch, drei Stunden pro Woche. Einige Brocken können sie schon. „Trotzdem kommunizieren wir oft mit Händen und Füßen“, erzählt Aulich. „Irgendwie klappt es.“ Er kann nachvollziehen, wie es ist, wieder eine Aufgabe zu haben: Er war lange arbeitslos. Als sich die Gelegenheit bot, als Bürgerarbeiter tätig zu werden, sagte er nicht nein. Insgesamt drei Jahre lang verdiente er sich so ein kleines Zubrot. Im Oktober vergangenen Jahres wurde das Projekt eingestellt. Seitdem war der 54-Jährige wieder ohne Job – bis Mai. Da meldete sich die Gemeinnützige Gesellschaft Striesen Pentacon e.V. bei ihm. Sie fungiert als Träger und vermittelt die Asylbewerber als Bürgerarbeiter. Und weil Aulich bereits Erfahrung auf diesem Gebiet hatte und sich zudem bestens in Loschwitz auskennt, fragte der Verein bei ihm nach. Ob er nicht eine Art Vorarbeiter für die Männer sein wolle. Wieder sagte Aulich nicht nein. Auch er war froh, wieder gebraucht zu werden. Und: Für die Zeit des Projekts ist er beim Träger fest angestellt.

An fünf Tagen pro Woche für jeweils fünf Stunden ziehen die Männer los. Sie säubern Wanderwege, schneiden Büsche, reinigen Regenwasserabflüsse und erneuern Bänke am Elbufer. Die meisten Aufträge erhalten sie aus dem Ortsamt. „Aber wir bekommen oft auch Hinweise von Anwohnern, wo etwas zu erledigen ist“, erzählt Aulich. Und es sind auch die Anwohner, die positiv auf die Truppe reagieren. „95 Prozent der Leute sind dankbar für die Unterstützung und begegnen den Männern mit Respekt. Manchmal allerdings rufen Autofahrer blöde Sprüche“, erzählt Aulich. Doch die überhören die Männer gekonnt. Sie wissen, dass viele Dinge liegen bleiben würden ohne ihre Unterstützung.

Im November endet das Projekt. Wie es danach weitergeht, wissen die Eritrer noch nicht. Am liebsten wollen sie weiter arbeiten. Michael Kibrom war in seiner Heimat Lehrer für Physik, Chemie und Biologie. In Deutschland wird er diesen Beruf nicht ausüben können, ist er sicher. Deshalb hat er sich Gedanken über seine Zukunft gemacht: „Ich würde gerne eine Ausbildung zum Automechaniker machen. Es wäre toll, wenn ich dazu die Möglichkeit bekäme.“ Auch Stefan Aulich würde gerne weiter in dem Projekt arbeiten. „Es macht viel Spaß, und ich kann gut mit Menschen umgehen.“ Immerhin gibt es noch eine Menge Arbeit für ihn und seine Schützlinge. Nur heute legen sie einen Ruhetag ein: „Wir können uns die Aufgaben frei einteilen“, sagt Aulich. „Und bei den hochsommerlichen Temperaturen heben wir uns einige Aufgaben für nächste Woche auf.“