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Die Füße des Waldes werden zu Gesichtern

Kaltwasser. Ein hölzernes Kleinod hat sich Günther Sturm über Jahre hinweg am Haus geschaffen.

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Von Steffen Gerhardt

Was die Erde einst verborgen hielt, putzt Günther Sturm zu kleinen und größeren Kunstwerken heraus. Der Kaltwasseraner macht also aus den Füßen des Waldes bunte Gesichter. Ein gewisser fantasievoller Blick ist da schon nötig, um in einer Wurzel einen Adler, einen Löwenkopf oder gar einen Wolf zu erkennen. „Aber nach zwei Jahrzehnten habe ich ein Gespür dafür entwickelt, was ich aus welcher Wurzel machen kann“, erzählt der heute 63-Jährige.

1984 hat er begonnen, zunächst gesägte Baumstämme mit Gesichtern zu verzieren. Das hat der damalige Produktionsleiter im Steinzeugwerk Hähnichen weiterentwickelt, und so kam eine Figur nach der anderen in seinen Wurzelpark neben dem Wohnhaus auf dem Ziegeleiweg. Über einhundert mögen es jetzt sein, aber es ist wie im wahren Leben – sie kommen und gehen. „Ja, die Witterung setzt ihnen ganz schön zu. Manche musste ich zwischendurch entfernen und durch neue ersetzen.“ Aber für Günther Sturm ist es auch Anreiz, immer wieder etwas Neues und anderes in den Park zu stellen.

Schließlich will er auf der Höhe der Zeit sein – und diese ist derzeit rund und trägt zwei Buchstaben: WM. „Also habe ich aus einem Stamm einen Fußball-Fan gebaut, der in Schwarz-Rot-Gold die Leute auf der Straße grüßt“, sagt der für jeden Spaß zu habende Holzkünstler. Als solchen möchte er sich aber nicht bezeichnet wissen. „Das können andere besser“, winkt er ab. Dennoch sorgt sein kleiner Park für Aufsehen nicht nur bei den Campern und Besuchern der umliegenden Seen zwischen Biehain und Kaltwasser. Es ist ein Kleinod zwischen der Kulturinsel Einsiedel, dem Vogelpark Deschka und dem Kinderspielpark in Kaltwasser.

Inzwischen hat Günther Sturm einen festen Kundenkreis, der sich seine Wurzelkobolde gern in den Garten oder die Wohnung stellt oder sie verschenkt. „Reich werde ich damit nicht, aber es freut mich, wenn sich Leute für meine Arbeiten interessieren und sie ihnen gefallen.“ Sein Hobby zum Gewerbe zu machen, dagegen sträubt sich der Sohn aus der einstigen Ziegeleibesitzer-Familie: „Das wird mir dann doch zu stressig“, gibt er unumwunden zu. Außerdem braucht es seine Zeit, ehe die vom Waldboden befreite Wurzel ihre neue Gestalt und Farbe angenommen hat. Umso mehr ärgert es ihn, wenn Halbstarke seinen Park plündern. So wie dieses Jahr in der Walpurgisnacht. „Da haben die mir doch meine Märchenhexe geklaut, um sie nicht weit weg über dem Lagerfeuer anzuzünden“, erregt sich Günther Sturm noch heute. Inzwischen ist aber bereits eine neue in das Hexenhaus eingezogen, damit Hensel und Gretel und damit dem Märchen nicht die Hauptperson fehlt.

Der Wurzelpark befindet sich unweit der ehemaligen Ziegelei und des Inselsees. Er kann täglich besichtigt werden. Der Eintritt ist frei, um eine kleine Spende wird gebeten.