Von Alex Jacobowitz
Was ist also zu tun mit einer früheren KZ-Baracke, deren Bedeutung man erst jetzt entdeckt hat? Das Erste wäre, ihre wahre Geschichte zu erforschen und diese Wahrheit möglichst breit zu veröffentlichen, auch im Internet. Es darf nicht sein, – weder heute, noch morgen, noch übermorgen – dass die Identität dieser Baracke wieder vertuscht, verändert oder relativiert werden könnte.
Ich denke, dass die Baracke unbedingt bleiben soll, wo sie jetzt steht. Nämlich zwischen Kirche und Synagoge. Denn es entspricht dessen Wahrheit und Geschichte der letzten 60 Jahre. Die katholische Kirche und ihre Vertreter wissen, dass sie mit dieser Geschichte umgehen müssen.
Wahre Geschichte nicht vertuschen
Und mit der Geschichte der Zerstörung der Synagoge nebenan, der Vertreibung der Juden aus der Stadt. Die Reichskristallnacht 1938 war schließlich nicht das Ende, sondern ein Zeichen dafür, was später noch kommen sollte. Die jüdische Gemeinde Görlitz wurde im Herbst 1940 ausgelöscht. Jene, die noch rechtzeitig das Land verlassen konnten, hatten eine Überlebenschance. Jene, die es nicht mehr konnten, kamen in KZs wie das im Biesnitzer Grund oder an noch schlimmere Orte.
Im Biesnitzer Grund sind 300 Juden verstorben. Wahrscheinlich noch viel mehr. Was hätten sie dazu gesagt, dass die wahre Identität des Ortes ihrer Ermordung so lange vertuscht wurde? Mein Wunsch wäre, künftige Führungen in der Synagoge in Verbindung mit der Geschichte der Baracke zu organisieren – für alle Jugendlichen im Umkreis von Görlitz und Zgorzelec, um zu zeigen wohin Intoleranz führen kann.
Obwohl der Vorstand des Förderkreises Görlitzer Synagoge bisher nicht Stellung bezogen hat, was mit der Baracke zu tun sei, bin ich sicher, dass die Synagogen-Führungen problemlos erweitert werden könnten, um die Geschichte der Baracke zu integrieren. Und ihre Würde zu erhalten. Ich denke, auch Pfarrer Joklitschke würde dem zustimmen. Meiner Meinung nach könnte ein Beirat ins Leben gerufen werden, der entscheidet, was mit der Baracke langfristig gemacht werden soll – und was nicht.
Katholische, protestantische und jüdische Repräsentanten sollten sich hierzu gelegentlich mit Historikern, Vertretern von Bombardier und/oder anderen Stadtkonzernen sowie der Gedenkstiftung Sachsens treffen. Die Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit der Religionen, Ausbildung in Sachen Zivilcourage und akademischen Studien über die Judenverfolgung hätten dabei eine hohe Priorität.
Aber ich persönlich bin gegen eine mögliche Politisierung der Baracke, und gegen eine Einmischung der Görlitzer Politiker in dieser Sache. Wir haben gesehen, dass die Jüdische Gemeinde die Synagoge 1909 in nur ein paar Jahren erbaut hat. Und jetzt, 50 Jahre nachdem die Synagoge in den Besitz der Stadt Görlitz fiel, gibt es immer noch keinen Plan, kein Personal, keinen Stadtratsbeschluss darüber, was man genau mit der Synagoge tun soll. Und das trotz satter 300 000 Euro vom Bund und trotz Einstufung als national wichtiges Denkmal. Dies mit der Baracke zu wiederholen wäre eine vertane Chance.
Für den Fall, dass die Baracke nicht auf dem Gelände der katholischen Kirche bleiben kann, wäre mein Vorschlag, sie zehn Meter weiter auf das Gelände der Synagoge zu bewegen. Jede andere Variante könnte als nichts anderes als eine weitere Vertuschung der geschichtlichen Zusammenhänge interpretiert werden.