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Die Grundrente braucht noch Zeit

Die Rentenversicherung wird frühestens Ende Juli 2021 mit Überweisungen beginnen. Ältere Jahrgänge müssen noch länger auf Nachzahlungen warten.

Von Wolfgang Mulke
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Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat jahrelang für die Grundrente gekämpft. Nun könnte das Projekt bald Wirklichkeit werden.
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, hat jahrelang für die Grundrente gekämpft. Nun könnte das Projekt bald Wirklichkeit werden. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Noch haben Bundestag und Bundesrat die Grundrente nicht endgültig beschlossen. Doch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bereitet schon das Verfahren für die Auszahlung vor. Klar ist jetzt schon, dass die Rentenversicherung die Grundrente nicht gleich mit dem Inkraftreten des Gesetzes im Januar 2021 auszahlen kann. „Nach derzeitigem Stand beginnen wir mit den Neurentnern Ende Juli 2021“, erläutert der Leiter der DRV-Rechtsabteilung, Andreas Zeuner.

Anschließend werde der Anspruch der ältesten Jahrgänge geprüft. Bis Ende 2022 solle der Bestand von derzeit 26 Millionen Rentner nach potenziell Anspruchsberechtigten durchforstet werden. Dafür müssen die Beschäftigten der DRV tief ins Archiv schauen, denn die Daten der Bestandsrentner liegen vornehmlich in Aktenordnern vor. Allerdings muss niemand, der oder die einen Anspruch auf die Grundrente hat, auf Geld verzichten. Der Zuschlag wird rückwirkend zum 1. Januar 2020 nachgezahlt.

Einen Anspruch darauf haben Ruheständler, die wenigstens 33 Jahre lang versicherungspflichtig gearbeitet haben und nur eine geringe Rente erhalten. Für den Zuschlag werden nur die Jahre angerechnet, in denen ihre Einkommen zwischen 30 Prozent und 80 Prozent des Durchschnittseinkommens lag. Das wäre in diesem Jahr eine Verdienstspanne zwischen 950 Euro und rund 2.500 Euro.

Kostspieliger Kraftakt

Nach Angaben von Sozialminister Hubertus Heil kann es zu einer kleinen Rente maximal 441 Euro obendrauf geben, wenn jemand sein Leben lang zum Mindestlohn gearbeitet hat. Tatsächlich dürfte der Anspruch sich in vielen Fällen deutlich darunter befinden. Organisatorisch ist die Grundrente für die Rentenversicherung ein kostspieliger Kraftakt, weil das Einkommen jährlich geprüft und die Daten aller Bestandsrentner ausgewertet werden müssen.

Mittels einer komplizierten Formel wird dann der mögliche Anspruch berechnet. Für den Zuschlag werden die für die Rentenberechnung ermittelten Entgeltpunkte verdoppelt, davon aber wieder etwas abgezogen. Darauf folgt noch eine Einkommensprüfung. Für Alleinstehende gibt es einen Freibetrag von 1.250 Euro, für Paare von 1.950 Euro. Liegt das Einkommen darüber, wird es teilweise angerechnet. Ab 1.600 Euro/ 2.300 Euro gibt es praktisch keinen Zuschlag mehr. Die Daten zum Einkommen sollen die Finanzämter liefern.

Bis zu drei Millionen Rentner könnten von der Grundrente profitieren, die in den kommenden Jahren wohl bis zu vier Milliarden Euro kosten wird. Die Finanzierung ist auch ein Teil der noch offenen politischen Fragen. Eigentlich sollte eine Aktiensteuer das Geld einbringen, doch dies konnte Finanzminister Olaf Scholz in Europa nicht durchsetzen.

In der Union gibt es auch deshalb viel Gegenwind für die Grundrente. Doch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Katja Mast, rechnet fest mit einer Verabschiedung des Gesetzes am 3. Juli, der letzten Sitzung vor der Sommerpause. Medienberichten zufolge will nun auch Unionsfraktionschef Ralf Brinkhaus seine Abgeordneten zur Zustimmung bewegen.