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Abstand halten in Schulen und Kitas

Geht das überhaupt? In die Einrichtungen im Landkreis Meißen ist wieder Leben eingekehrt. Wie es mit Mundschutz und Gesundheitserklärung klappte.

Von Kathrin Krüger & Nina Schirmer & Christoph Scharf
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Lehrerin Alexandra Kopsch sah nach vielen Wochen ihre Schützlinge aus der ersten Klasse an der 4. Grundschule Riesa wieder.
Lehrerin Alexandra Kopsch sah nach vielen Wochen ihre Schützlinge aus der ersten Klasse an der 4. Grundschule Riesa wieder. © Lutz Weidler

Landkreis. René Schlimpert stand am Montagmorgen früh um 7 Uhr mit leichten Bauchschmerzen vor dem Lößnitzer Kinderland. Der Leiter des Kindergartens von der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen hatte eine große Befürchtung: "Dass alle gleichzeitig kommen und es hier zum Stau kommt."

Sachsenweit sind Grundschulen und Kindergärten nach zwei Monaten Zwangsschließung jetzt wieder geöffnet - nicht ohne Bedenken und Kritik. Die erste Hürde wurde in dem Radebeuler Kindergarten aber immerhin gut genommen. Die Eltern hatten sich abgestimmt, wer konnte, brachte sein Kind später, das erste Ankommen lief geordnet ab.

Die Volkssolidarität betreut Kinder nicht nur in Radebeul, sondern unter anderem auch in Meißen, Coswig, Weinböhla und Moritzburg. Kleinere Gruppen gibt es in den Kindergärten jetzt nicht. Das ist personell gar nicht möglich. Dafür sollen sich aber Kinder aus verschiedenen Gruppen nicht  mehr vermischen.

Im Lößnitzer Kinderland ist das Außengelände mit rotem Absperrband in verschiedene Bereiche eingeteilt, einzelne Gruppen müssen sich in einem festgelegten Areal aufhalten. In den Gruppenräumen selbst gilt zwischen den Kindern  freilich keine Abstandsregel. "Das würden sie nicht verstehen", sagt Schlimpert. Für ihn als Pädagogen fühlt es sich schon komisch an, wenn die Kinder - so wie sie es gelernt haben - zur Begrüßung die Hand schütteln wollen und er das abweisen muss. 

Der Leiter des „Lößnitzer Kinderland“, René Schlimpert, stand am Montagmorgen persönlich vor dem Kindergarten - auch, um Fragen der Eltern zu beantworten.
Der Leiter des „Lößnitzer Kinderland“, René Schlimpert, stand am Montagmorgen persönlich vor dem Kindergarten - auch, um Fragen der Eltern zu beantworten. © Arvid Mueller

Eltern müssen Mundschutz tragen

In manchen Kindergärten müssen die Eltern ihren Nachwuchs jetzt bereits an der Eingangstür abgeben. Das findet René Schlimpert allerdings sehr fragwürdig.  "Gerade Krippenkinder würden brüllen, erst Recht, weil sie nicht immer von ihrer Bezugsperson in Empfang genommen werden könnten". Im Lößnitzer Kinderland dürfen die Eltern ihre Sprösslinge deshalb bis in den Raum bringen, vorausgesetzt sie tragen einen Mundschutz. 

Kleinere Gruppen kann es auch in den städtischen Kindergärten in Radebeul jetzt nicht geben.  "Wir können die Erzieher ja nicht elf Stunden am Stück arbeiten lassen", sagt Elmar Günther, Leiter des Radebeuler Sozialamtes. Deshalb wurden die Öffnungszeiten, wie in vielen Einrichtungen, von 7 bis 16 Uhr gekürzt. Damit auch bei den Früh- und Spätdiensten Kinder aus verschiedenen Gruppen nicht gemischt werden, wird jetzt jeder Mitarbeiter gebraucht. 

"Wir hatten heute schon einen Krankheitsfall in einem Hort. Die Leiterin musste einspringen, um den ganzen Tag eine Gruppe zu betreuen", sagt Günther. Besonders wichtig sei es, dass Eltern in den Horten Bescheid geben, ob ihre Kinder wirklich kommen. Einige Erzieher standen am Montag vor dem Problem, dass sie nicht wussten, was mit den fehlenden Kindern passiert ist  - schon zu Hause oder etwa verloren gegangen.

Insgesamt hat der Sozialamtsleiter aber vor allem positive Rückmeldungen vom ersten Tag bekommen. "Überwiegend herrschte eine freudige und entspannte Stimmung. Es hat alles viel besser geklappt, als zunächst befürchtet", sagt er. 

Eigene Pausenzeiten für jede Klasse

In der Theorie sind die ganzen Regelungen aus der Allgemeinverfügung leichter einzuhalten, als in der Praxis: Diese Erfahrung hat man am Montag auch bei der 4. Grundschule in Riesa gemacht. „Wir nutzen fünf verschiedene Eingänge, haben für jede Klasse eigene Pausen- und Toilettenzeiten“, sagt Leiterin Angelika Fritz. Eltern mussten ihre Kinder draußen am Zaun abgeben, die Kinder sollten bis ins jeweilige Klassenzimmer Mundschutz tragen und erst dort ablegen. 

Und mitzubringen war natürlich die von den Eltern unterschriebene Bescheinigung, dass das Kind gesund ist. „Von unseren 250 Kindern hatten nur etwa zehn keinen unterschriebenen Zettel dabei“, sagt Angelika Fritz. Dort galt es dann, die Eltern anzurufen und sich nach der Gesundheit von Kindern und Familienangehörigen zu informieren. Es gab auch Kinder, die hatten schon für die ganze Woche die unterschriebenen Eltern-Bescheinigungen dabei. Das geht so natürlich nicht – die Gesundheits-Erklärung muss jeden Tag neu ausgefüllt werden. „Ich denke, dass das am Dienstag dann gut klappen wird“, sagt die Schulleiterin. 

Bei Symptomen müssen Kinder Schule verlassen

Schon der erste Tag zeigte, welche Verantwortung auf den Lehrern und Erziehern liegt: Zeigt ein Kind im Unterricht Symptome, wird es isoliert und muss die Einrichtung wieder verlassen. „Da sind uns heute schon Fälle zu Ohren gekommen“, heißt es aus dem Riesaer Rathaus. Dabei sei sehr schwer einzuschätzen, was ein Halskratzen ist und was etwas Schwierigeres sein könnte. „Die Anforderungen an die Lehrer und Erzieher sind außerordentlich hoch, zusätzlich zu einem einigermaßen normalen Unterricht auch noch die besonderen Abläufe und Regeln durchzusetzen“, sagt Riesas OB Marco Müller (CDU). Sein Eindruck: Alle würden verantwortungsbewusst an die Sache herangehen, um im Sinne der Kinder gute Lösungen zu finden.

Noch eine Herausforderung an der Riesaer Breitscheidstraße war, dass alle Kinder nur in ihren jeweiligen Klassen- oder Hortzimmern Mittagessen durften: Der Speiseraum mit nur einem Zugang kommt bei den derzeitigen Corona-Regeln nicht für eine gemeinsame Nutzung infrage. Immerhin: Die allermeisten Kinder hätten sich sehr gefreut, wieder in die Schule zu dürfen. „Mancher hat morgens ganz vergessen, den Eltern Tschüss zu sagen“, sagt die Schulleiterin. „Hoffentlich hält die Freude lange an.“

Fast alle Schüler wieder zurück

Ganz ähnlich die Stimmung am Montagmorgen in Coswig: "Die Kinder haben sich sehr gefreut, dass sie wieder kommen konnten", sagt die Leiterin der Grundschule West, Anja Goldtschmidt. Ob ihre Kinder wieder zur Schule gehen sollen oder nicht, dürfen die Eltern in Sachsen selbst entscheiden. Das Kultusministerium setzte die Schulbesuchspflicht für Grundschüler der Klassen  nach einer Gerichtsentscheidung kurzfristig aus. In der Coswiger Westschule sind trotzdem fast alle Schüler wieder da gewesen, sagt die Schulleiterin. Sie geht auch nicht davon aus, dass es in den nächsten Tagen noch mal weniger werden könnten. 

An der Großenhainer Grundschule Am Schacht nimmt Lehrer Mario Janta die Gesundheitserklärung der Schüler entgegen.
An der Großenhainer Grundschule Am Schacht nimmt Lehrer Mario Janta die Gesundheitserklärung der Schüler entgegen. © Kathrin Krüger-Mlaouhia

Neustart lief diszipliniert

Auch an der Großenhainer Grundschule Am Schacht geht der Neustart für alle erstaunlich diszipliniert über die Bühne. Zwei getrennte Eingänge stehen für die Kinder offen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen. Die Eltern bleiben am Zaun stehen, manche schauen ihren Kindern noch lange nach. Die Klassen sammeln sich auf dem Schulhof, bevor sie gemeinsam und nacheinander das Schulgebäude betreten. Mundschutz wird den Schülern nicht aufgenötigt. Auch nicht alle Lehrer tragen eine Maske.

„Nur zwei Kinder von 163 Schülern kamen auf Wunsch der Eltern nicht zum Unterricht“, sagt Schulleiterin Siglinde Unruh. In einem Elternbrief waren die Familien über den Neustart informiert worden. Die Unterrichtszeiten wurden so angepasst, dass die Klassen gestaffelt im Hort gegenüber Mittagessen können. Eine Teilung der Klassen für den Unterricht ist allerdings nicht möglich. „Da haben wir nicht die Kapazitäten dazu“, sagt Siglinde Unruh. Vermieden wird allerdings, die direkte Begegnung mit den Nachbarklassen.

Typische Punkte aus den aktuellen Hygieneplänen, den jede Grundschule für sich aufstellen muss

  • Schüler treffen sich morgens an festgelegten Treffpunkten und betreten mit Abstand zu anderen Klassen die Schule.
  • Die Garderobe wird nicht genutzt.
  • Eltern betreten das Schulgebäude nicht, bei Notwendigkeit nach telefonischer Absprache.
  • Die Regeln zum Händewaschen, Husten und Niesen werden belehrt und strikt kontrolliert.
  • Waschräume und Toiletten werden zusätzlich gereinigt. Kontaktflächen in den Klassenzimmern werden regelmäßig vom Lehrer gereinigt. Dazu genügen normale Putzmittel. In jedem Unterrichtsraum werden Eimer, Lappen und Putzmittel bereitgestellt.
  • Häufiges Lüften der Räume.
  • Alle Personen in der Einrichtung können Mundschutz tragen.
  • Die Klassen bleiben in fester Zusammensetzung in festen Räumen und gehen nach einem Zeitplan zur Hofpause und zum Mittagessen.
  • Anwesenheit und Gesundheitszustand werden täglich dokumentiert.

Zum Thema Coronavirus im Landkreis Meißen berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog.