SZ + Radebeul
Merken

Die kleinen vier Wände

Florian Hartfiel und sein Team entwerfen in Radebeul Tiny Lofts. Bisher kommen Anfragen fast nur aus Großstädten.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Für ein glückliches Leben benötigt man wenig Raum, findet der Radebeuler Florian Hartfiel. Er entwirft Tiny Lofts, besonders kleine Wohnhäuser. Die kleinsten haben gerade einmal 15 Quadratmeter Wohnfläche. Durch Module können sie erweitert werden.
Für ein glückliches Leben benötigt man wenig Raum, findet der Radebeuler Florian Hartfiel. Er entwirft Tiny Lofts, besonders kleine Wohnhäuser. Die kleinsten haben gerade einmal 15 Quadratmeter Wohnfläche. Durch Module können sie erweitert werden. © Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Eigentlich steht Florian Hartfiel gern in großen Häusern. Als studierter Opern- und Konzertsänger hat er dort seine Auftritte. Im zweiten Standbein hat er aber auch ein Büro für Architektur und Bauorganisation auf dem Augustusweg in Radebeul. Im letzten Jahr gründete er seine neue Marke „Tiny Lofts“, mit der er Minimodulhäuser konzipiert, bauen lässt und transportiert. Schon neben seinem Studium interessierte er sich für das Thema Bauen. „Auf meinen Reisen als Backpacker habe ich dann immer wieder gesehen, wie wenig Raum man für ein glückliches Leben benötigt“, sagt der 46-Jährige.

Im September wird das erste eigenfinanzierte Musterhaus fertig sein, das in Meißen bei der Zimmerei René Schlimpfert auf der Ziegelstraße 11 gebaut wird und bald für Interessenten zu besichtigen ist. Die Idee dahinter: Die meisten Familien bauen sich große Häuser mit vielen Zimmern, damit für alle genügend Platz ist. 

„Dadurch finanzieren viele für einen kleinen Teil des Lebens von etwa 20 Jahren Flächen, die danach im Prinzip leer stehen“, sagt Florian Hartfiel. Die Tiny Lofts sind im Gegensatz dazu Häuser, in denen man auf kleinstem Raum lebt, diesen aber mit Modulen erweitern kann. Wenn sie nicht mehr benötigt werden, kann man sie umnutzen oder verkaufen, erklärt der gebürtige Dresdner, der seit 2003 in Radebeul lebt.

Überall machen sich Architekten angesichts Wohnungsmangel und überteuerter Mieten Gedanken, wie modernes Wohnen in Kleinsthäusern wie Tiny Houses, transportablen Gebäuden oder Anbauhäusern möglich sein kann. Die kleinsten Minihäuser haben nur eine Etage und eine Wohnfläche von 15 Quadratmetern. Das ist sicher nicht für jedermann der Traum von den eigenen vier Wänden.

In Deutschland geht es den Nutzern dieser alternativen Wohnform in erster Linie um eine Reduzierung der Größe und somit auch der Kosten. Sie wollen sich selbst beschränken, minimalistisch leben und so ihre Lebensqualität steigern. Studenten oder Berufstätige, die pendeln müssen, wohnen vorübergehend in Tiny Houses. Andere nutzen sie als Ferien- oder Wochenendhaus und als Büro.

Das größte Problem für alle, die in ein Minihaus ziehen wollen, ist das deutsche Baurecht. Es fehlt an Standorten, denn sie sind in der Stadtplanung noch nicht vorgesehen. Außerdem ist eine Baugenehmigung einzuholen, um Baugrund zu erwerben und für die Versorgung des Hauses mit Strom, Wasser und Abwasser zu sorgen. Auch das Radebeuler Stadtplanungsamt hält die Tiny Lofts als Wohnform eher für schwierig: „Sie lassen sich städtebaulich nur schwer in bestehende Ortsbilder einfügen“, sagt Amtsleiter Ulrich Schröder, „sie passen nicht in die typische Radebeuler Villenstruktur.“ Außerdem wären sie aufgrund der Baugenehmigungspflicht nicht zulässig. Das Bauamt ist für Interessenten die örtliche Anlaufstelle, aber bisher habe sich noch niemand mit dem Wunsch, in ein Tiny Haus zu ziehen, gemeldet.

Florian Hartfiel findet, dass sich das deutsche Baurecht gerne ändern darf. Viele Anhänger der Minihäuser fordern, dass die Baugesetze in Deutschland den Veränderungen und neuen Bedürfnissen angepasst werden und die Tiny Houses Berücksichtigung finden müssen. „Außerdem muss man leider sagen, dass viele neue Bauten auch in Radebeul optisch nicht in die typische Villenstruktur passen“, sagt Hartfiel. Seine Tiny Lofts könnte er sich zum Beispiel auf einem Villengrundstück als Nebengebäude oder Gästehaus vorstellen.

Er hat bereits viele Anfragen aus Hamburg, Bayern und der Lausitz, wo Feriendörfer und kleinere Gemeinschaftswohnprojekte entstehen sollen. Bisher haben Florian Hartfiel und sein Team aus Architekten, Gestaltern, Statikern und Baufachleuten Tiny Lofts mit 21 und 18 Quadratmetern sowie ein Ergänzungsmodul mit neun Quadratmetern im Angebot. Das Besondere an ihnen ist, dass sie im Design weniger gedrungen und klein wirken als andere Tiny Houses. „Wir haben vor allem in die Höhe gebaut mit teilweise offenen Deckenhöhen von bis zu fünf Metern“, sagt Hartfiel. Dadurch sind eine zweite Ebene und ein großzügiges Raumgefühl möglich.

Für viele Gemeinden sei es ein politischer Auftrag, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und neue Wohnansätze, wie zum Beispiel einen Tiny-Haus-Park, zu ermöglichen. Das wäre dann auch ein Aushängeschild für die Gemeinde. „Wir würden uns natürlich freuen, wenn wir unser Projekt im Umland etablieren können.“