Von Frances Scholz
Die Kabel liegen noch wild verteilt auf dem Boden. Der Presslufthammer bohrt sich in die Decke im Vorraum. Die Türen fehlen. Der Wind zieht durch die Räume. Rita Pohle steht in ihrer neuen Tanzschule in der Bautzener Neustadt. An der Schliebenkreuzung gelegen, ist das neue Gebäude gut zu erkennen. Und eigentlich sollten hier schon die ersten Tänzer über das Parkett fegen. „Aber, wie das eben so ist, wenn man baut, kommt es am Ende anders“, sagt die 32-Jährige.
Fast ein Jahr lang haben sie und ihr Vater Jürgen Pohle nach einem zweiten Standort gesucht. Denn der Platz im Saal des Visavis an der Taucherstraße ist ihnen einfach zu eng geworden. „Aber etwas Passendes in Bautzen zu finden, was wir auch sieben Tage in der Woche nutzen können, war schwer“, sagt der 62-Jährige. Deshalb entschieden sich die beiden letztes Jahr für einen Neubau.
Von dem früheren Gebäudekomplex, in dem Robotron einmal eine Werkstatt hatte und zuletzt eine Tischlerei und ein Bürotechnikhandel vertreten waren, ist heute nichts mehr zu erkennen. Das neue Haus ist modern. Große Fenster, ein großzügiger Vorraum und der Tanzsaal wirken hell und freundlich.
Mit 270 Quadratmetern Grundfläche ist der neue Standort zwar kleiner als der Saal auf der Taucherstraße, das ist aber durchaus so gewollt. „Der Tanzsaal ist für 20 Paare ausgelegt“, sagt Rita Pohle, die künftig hier unterrichten will. Sie wird alle Kurse vom Kinder-Tanzen über Zumba und Videoclip-Dancing bis zum klassischen Gesellschaftstanz anbieten. „Der Saal ist aber auch für Festlichkeiten geeignet – falls mal jemand was für eine Geburtstagsfeier mieten will.“ Außerdem lässt sich die neue Tanzschule bequem zu Fuß aus der Innenstadt erreichen und hat sogar noch ein paar Stellflächen für Autos. Zudem wird sich Rita Pohles Arbeitsweg verkürzen. Denn die junge Mutter, die zurzeit mit ihrem Freund und ihrem vierjährigen Kind in Löbau lebt, wird in die Wohnung über der Tanzschule ziehen. Angst davor, ständig auf Arbeit zu sein, hat sie nicht. „Wir geben ja sowieso sieben Tage in der Woche Kurse. Und meine Auszeit nehme ich mir schon“, sagt sie. Außerdem klappe mit dem Umzug nach Bautzen auch die Kommunikation zu ihrem Vater besser.
Jürgen Pohle wird weiterhin in der Taucherstraße das Tanzen lehren. Trotzdem ist er mit seiner Tochter dreimal in der Woche auf der Baustelle. „Wir haben Bauberatungen, und man will ja sehen, wie es vorangeht“, sagt der Tanzlehrer, der seine Schule seit 22 Jahren betreibt. Er hatte bei Baustart im vergangenen Herbst damit gerechnet, die Tanzschule im April zu eröffnen. „Ich bin eben optimistisch“, sagt er. Aber das Umweltamt machte der Familie einen Strich durch die Rechnung. „Es wurden Bodenproben genommen und die auszuwerten, hat allein fünf Wochen gedauert“, sagt Rita Pohle. Kurz danach stellten die Bauleute fest, dass die Dächer marode sind. „Wir hatten nur geplant, eins neu zu machen, am Ende mussten wir drei Dächer erneuern lassen“, erinnert sich Jürgen Pohle. Dadurch steigen auch die Kosten für die neue Tanzschule. Und als wäre das nicht schon genug, meldet sich das Umweltamt wieder. Der ganze Fußboden muss raus. „Das Haus war ja mal ein Altbau und der Boden noch aus den 20er-Jahren, und darin waren alte Pappschichten“, sagt der Bautzener. Diese könnten eventuell Dämpfe abgeben oder Allergien auslösen. „Jedes Mal haben wir eine neue Hiobsbotschaft bekommen.“
Aber auch wenn es Verzögerungen gibt, Jürgen Pohle und seine Tochter sind guter Dinge. „Nächste Woche kommt endlich der Estrich rein, und wenn der richtig trocken ist, kann auch das Parkett verlegt werden“, sagt die Tanzlehrerin. Anfang Juli soll die Tanzschule öffnen.
Und zwischen all dem Baulärm und Kabelsalat kann sie sich ihr neues Tanzstudio schon richtig vorstellen. Sitzgelegenheiten mit Tischen und Stühlen für die Tanzkurse, außerdem eine lange Bar. Die Lounge im Eingangsbereich. „Tanzen ist ja Hobby. Da muss es auch mal Entspannung geben und Zeit bleiben, sich wohlzufühlen.“