Von Ingolf Reinsch
Uhyst. Im Uhyster Pfarrhaus ist wieder Leben. Marko und Franka Mitzscherling haben sich mit ihren Kindern eingerichtet. Im Garten hinterm Haus blühen nicht nur Sommerblumen, sondern auch die Kartoffeln. Marko Mitzscherling hat sie gleich nach der Ankunft in Uhyst gesteckt. Und der Garten wird noch viel größer, sagt er. Auf jeden Fall kommen Erdbeeren im nächsten Jahr dazu. Der neue Gemeindepfarrer plant langfristig mit Uhyst. Es soll seine letzte Pfarrstelle sein, ehe er in zwölf Jahren in den Ruhestand geht.
Doch nun ist er erst mal angekommen. Seit rund sieben Wochen lebt die Familie in Uhyst am Taucher. Zu den Mitzscherlings gehören sechs Kinder im Alter zwischen sechs und 25 Jahren, wobei die beiden ältesten schon ihre eigenen Wege gehen. „Wir wurden sehr gut im Dorf aufgenommen und spürten von Anfang an, dass wir hier willkommen sind“, sagt Franka Mitzscherling. Nicht nur übers Pfarrhaus, auch über die Kita im Ort kam der Kontakt zu den angestammten Uhystern schnell zustande. Tochter Annabell, sechs Jahre, besucht das „Bienenhaus“; Anfang August kommt sie in die Schule.
Die dritte Pfarrstelle
Für Marko Mitzscherling, der aus Bautzen stammt, ist es die dritte Pfarrstelle. Der jetzt 54-Jährige lernte Baufacharbeiter mit der Spezialrichtung Zimmermann. Von 1990 bis 95 studierte er Theologie in Leipzig. Seine erste Pfarrstelle war in Lenz bei Großenhain. In den vergangenen zwölf Jahren arbeitete er als Gemeindepfarrer in Langhennersdorf bei Freiberg. Nun also Burkau, wo sich das Pfarramt weiterhin befindet.
Dass der Pfarrer mit seiner Familie im benachbarten Uhyst wohnt, war ein Wunsch der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche. Da die Kirche St. Peter und Paul in Uhyst zugleich Autobahnkirche ist, sei es von Vorteil, wenn der Pfarrer gleich nebenan wohnt, hieß es. Zum Beispiel für den Fall, dass sich Reisegruppen anmelden und eine Kirchenführung wünschen. Oder, dass spontan jemand am Pfarrhaus klingelt und um ein Gespräch mit dem Pfarrer bittet. In Uhyst, wo die Autobahn nur wenige Meter von Kirche und Pfarrhaus entfernt ist und viele auf der Durchreise halt machen, ist beides keine Seltenheit.
Nah bei den Menschen sein
Marko Mitzscherling sieht sich jedoch weniger als Autobahn-, sondern mehr als Gemeindepfarrer. Und als solcher möchte er ganz nah bei den Menschen sein. Er kommt auf Wunsch zu den Gläubigen nach Hause, und er möchte auch junge Leute für die Kirche begeistern. Beispielsweise indem er auf starke junge Gemeinden setzt und das ausbauen will.
Der neue Pfarrer betreut die Kirchgemeinden Burkau, Uhyst, Demitz-Thumitz und Pohla mit insgesamt mehr als 2 000 Gemeindegliedern. Zu den beiden benachbarten staatlichen Gemeinden gehören rund 20 Dörfer und Siedlungen. In den meisten hat er sich schon umgesehen, seitdem er in Uhyst ist, sagt Marko Mitzscherling. Demitz war bis Ende 2016 mit Schmölln und Putzkau als Schwesterkirchgemeinde verbunden.
Infolge einer Strukturreform entschied der Kirchenvorstand, sich den Schwesterkirchgemeinden Pohla, Burkau und Uhyst anzuschließen. Die Vorstände der vier Kirchgemeinden verständigten sich auf zwei Gottesdienste an wechselnden Orten an jedem Sonntag um 9 und 10.30 Uhr. Dabei wird angestrebt, dass jeweils einer dieser Gottesdienste in der (staatlichen) Gemeinde Burkau und Demitz stattfindet. Mit Juli-Beginn ist für Gemeindeglieder aus Demitz nicht mehr das Schmöllner, sondern das Burkauer Pfarramt zuständig. Ansprechpartnerin dort ist wie bisher Martina Franke.
Auch ein privater Neubeginn
Mit dem Umzug nach Uhyst kehrt Marko Mitzscherling ins Bautzener Land zurück und rückt räumlich wieder etwas näher an seine Verwandten heran. „Ich bin sehr froh und dankbar, dass Franka mitgekommen ist“, sagt er und blickt liebevoll zu seiner Frau. Sie stammt aus Burgstädt bei Chemnitz.
Der Umzug markiert für beide und ihre Kinder auch privat einen Neubeginn. Am 30. Juli wird es ein Jahr, dass Marko und Franka Mitzscherling miteinander verheiratet sind. Jeder brachte drei Kinder mit. Marko Mitzscherling steht dazu, dass es die zweite Ehe ist, und er spricht unbefangen darüber. Pfarrer sind Teil dieser Gesellschaft – und nicht anders als andere Menschen. Die Kirchgemeinde erkennt das Privatleben des Pfarrers als tabu an, sagt er aus bisheriger Erfahrung.
Franka Mitzscherling, 45 Jahre und gelernte Apotheken-Facharbeiterin, ist jetzt Hausfrau – und für den Pfarrer „mithelfende Ehefrau“. Sie nimmt zum Beispiel Telefonate entgegen und koordiniert Termine. Mit Kindern, Haushalt, Haus und Sekretariatsarbeit ist sie ausgelastet.
Ihr Mann arbeitet in seiner Freizeit gern im Garten. Marko Mitzscherling gehört noch zu jenen, die es gelernt haben, mit der Sense Gras zu mähen. Irgendwann wird er es wohl wieder tun – die Wiese im Pfarrgarten ist groß genug. Außerdem übersetzt er gern Texte aus der Bibel aus dem Griechischen und Hebräischen. Für ihn ein guter Weg, sich mit biblischen Inhalten auseinander zu setzen.
Auch für die Kinder bietet das Pfarrhaus gute Bedingungen. Jeder hat sein eigenes Zimmer; Treff für alle Kinder ist zum Beispiel der lange Flur. Nach dem Termin fürs Zeitungsfoto wird Lotta, die Elfjährige, weiter an ihrer Riesenschnecke basteln. Am Nachmittag geht’s vielleicht ins Bad nach Burkau. „Dort waren wir noch nicht“, sagt Franka Mitzscherling. Ihr Mann fragt nach dem Hallenbad in Kamenz für die kältere Jahreszeit. Eine Familie ist dabei, ihre neue Heimat zu entdecken.