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Die Opposition sitzt in den Zuschauerbänken

Provokationen, Peinlichkeiten, Tränen und Gelächter – nirgends sonst verlaufen Gemeinderatssitzungen so emotional wie in Rathmannsdorf. Das liegt aber nicht an den Gemeinderäten des Ortes. Da keift sich niemand an.

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Provokationen, Peinlichkeiten, Tränen und Gelächter – nirgends sonst verlaufen Gemeinderatssitzungen so emotional wie in Rathmannsdorf. Das liegt aber nicht an den Gemeinderäten des Ortes. Da keift sich niemand an. Beschlüsse fallen meistens einstimmig. Die Fraktionen von Bürgerinitiative Rathmannsdorf und von der CDU liegen selten überkreuz. Auch der streitbare NPD-Gemeinderat hat sich vor Monaten zurückgezogen. Spannende Debatten sind die Ausnahme. Das gilt zumindest für den öffentlichen Teil der Sitzungen.

Geht es in den nichtöffentlichen, wird viel offener untereinander diskutiert, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Zuletzt war das bei der geplanten Bepflanzung entlang der Alten Schandauer Straße der Fall. Um diese Maßnahme ist es zwar ruhiger geworden. Ausgestanden ist die Sache aber noch nicht. Das Gleiche gilt für das Hochwasserschutzprojekt Grenzgraben.

Turbulent wird es in den Ratssitzungen jedoch zur obligatorischen Bürgerfragestunde. Denn in Rathmannsdorf sitzt die Opposition in den Zuschauerreihen. Mühsam wird dann Bürgermeister Reiner Hähnel (CDU) auf den Zahn gefühlt. Misstrauen auf beiden Seiten macht eine sachliche Kommunikation fast unmöglich.

Viele Gemeinderäte fühlen sich und ihre Sitzungen von den Gästen missbraucht. Das seien meistens Themen für die Sprechstunde des Bürgermeisters und gehörten nicht in den Gemeinderat. Die Gäste argumentieren, dass es seit Langem keine Einwohnerversammlungen mehr gab und deshalb gar nichts anderes übrig bliebe, als die Bürgerfragestunde im Gemeinderat zu nutzen.

Hoffnung haben alle Beteiligten, dass das in Zukunft ein Ende hat. Die Ausgangspunkte dafür sind jedoch verschieden. Hoffen die jetzigen Ratsmitglieder auf Vernunft und Einsicht der Gäste, wollen Letztere nun selbst im Stadtrat mitmischen. Das könnte die Debatten aus der Bürgerfragestunde wieder ins Gremium selbst tragen. Ob das dann auch mehr Transparenz bringt, bleibt abzuwarten.

Mit der Wählervereinigung Rathmannsdorf hat sich eine neue Gruppierung gegründet, die um die Gunst der Wählerinnen und Wähler buhlt. Angeführt wird deren Kandidatenliste von Frank Henke. Der Dachdeckermeister war bereits in den 90er-Jahren Gemeinderat. „Man kann nur etwas verändern, wenn man sich selbst beteiligt“, sagt Henke. Er würde sich mehr Investitionen in der Gemeinde wünschen und fragt: „Was haben wir denn davon, wenn die Gemeinde schuldenfrei ist, aber nichts gestalten kann?“

Die Bürgerinitiative Rathmannsdorf geht mit sechs Männern in die Wahl. Aus dem Rat verabschieden sich die zwei Frauen der Fraktion, Margitta Bindemann und Corina Hering. Sie treten nicht mehr an.

Einzige Frau, die kandidiert, ist Carola Weidlich auf der Liste der CDU. Der Frauenanteil im Rat wird nach der Wahl also dramatisch sinken. Neben den langjährigen Ratsmitgliedern Uwe Thiele und Andreas Einenkel hat die CDU keine weiteren Personen zur Kandidatur motivieren können.