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Die schiefe Brücke von Nossen

Pisa hat als Wahrzeichen den schiefen Turm. Nossen zieht jetzt nach, aber nicht mit einem Turm, sondern mit einer Brücke. Der Muldesteg am Grunaer Weg wurde saniert – doch der Mittelpfeiler hat Schräglage.

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Von Dieter Hanke

Pisa hat als Wahrzeichen den schiefen Turm. Nossen zieht jetzt nach, aber nicht mit einem Turm, sondern mit einer Brücke. Der Muldesteg am Grunaer Weg wurde saniert – doch der Mittelpfeiler hat Schräglage.

Dadurch sieht das Bauwerk recht ungewöhnlich aus: Die Brücken-Stahlkonstruktion bleibt für die Fußgänger waagerecht, der Pfeiler inmitten des Flusses neigt sich aber in Fließrichtung. „Im Auflagerbereich wurde die Schräge ausgeglichen“, sagt Wolfgang Böttcher, Inhaber der Firma W. Böttcher – Ingenieur-Hoch- und Tiefbau GmbH Malkwitz bei Oschatz, welche die Arbeiten ausgeführt hat.

Die Mulde spült Sand fort und versetzt den Pfeiler

Beim August-Hochwasser 2002 war der 130 Tonnen schwere Mittelpfeiler durch die Wucht der Fluten ausgehoben und an die 45 Zentimeter versetzt worden. Die Mulde spülte hier den Schwemmsand fort. Ein tiefes Loch entstand an dem felsigen Untergrund. „Der Pfeiler saß nun wie auf einem Klippenrand“, bemerkt Böttcher.

Guter Rat war teuer. Ein Neubau des Mittelpfeilers – er besteht aus Konglomeratbeton mit einer Natursteinverkleidung – hätte erhebliche Mehrkosten verursacht. Ein Geraderücken des Bauwerks war zu riskant.

„Bei einem Auseinanderbrechen des Pfeilers wären bei unserem Betrieb die Kosten hängen geblieben“, so Böttcher. Nach statischen Berechnungen entschied sich die Stadt für eine andere Variante, die auch billiger ist: Der Pfeiler-Untergrund wird stabilisiert.

„Wir haben 14 Bohranker im Fels eingebracht, die dem Pfeiler Halt geben. Zugleich wurde der Untergrund mit Zement verpresst. Das hält dicke. Die Sicherheit ist vollends gegeben“, bemerkt Böttcher. Über die schiefe Lösung ist er allerdings nicht glücklich. Denn optisch sieht das Brückenbauwerk nun komisch aus. „Die Leute denken vielleicht, wir Brückenbauer haben Pfusch gemacht“, sagt der Baubetriebs-Inhaber.

An die 300 000 Euro kostet die Sanierung. „Der Freistaat finanziert den Wiederaufbau der Brücke“, sagt Nossens Baudezernentin Carola Bieber. Der Stahlkonstruktions-Aufbau musste ebenfalls in Stand gesetzt werden. Die Mulde hatte auch diesen erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Dabei war die Fußgängerbrücke erst vor gut zwei Jahren neu gemacht worden.

Seit wenigen Tagen kann die Brücke – zumindest provisorisch – wieder von den Fußgängern benutzt werden. „Die Anbindung zur Schützenstraße steht noch aus“, sagt Bieber.

Einwohner hatten

erhebliche Umwege

„Ich bin ja so froh, dass die Brücke wieder offen ist. Fast ein Jahr hatten wir erhebliche Umwege“, so Annerose Glöckner, die gehbehindert ist. Die Brücke am Grunaer Weg stellt vor allem für die Kronberg-Bewohner und für die Schüler der Eberle-Mittelschule eine wichtige Verbindung zum Zentrum dar.