Von Ina Förster
Dana ist wie alle 15-jährigen Mädchen: Schnell beleidigt, voller Tatendrang, unberechenbar und ein klein wenig zickig. Im Gegenzug lacht sie gern und viel. Mutter Silke Sauer aus Biehla versteht manchmal die Welt nicht mehr und mahnt sich selbst zur Ruhe. Alles ist doch wie bei ihrer großen Tochter, deren Pupertät lange zurückliegt. Und doch ist alles so anders… Dana ist körperlich und geistig schwerst behindert, sitzt im Rollstuhl und hat trotz körperlicher Reife den geistigen Entwicklungsstand einer Zweijährigen. Eine Sauerstoffunterversorgung während der Geburt brachte das mit sich. Nichts ist im Leben der Sauers seitdem so, wie es vorher war. Trotzdem macht genau dieser Umstand alles so kostbar. Man hat kämpfen gelernt und durchhalten, sich über kleine Dinge zu freuen und den Optimismus auch in schlimmsten Situationen nicht zu verlieren.
Eigeninitiative mit viel Liebe
Ähnlich geht es Familie Briesnitz aus Kamenz. Ihre Tochter Bianca ist mit Down-Syndrom geboren worden. Heute ist sie schon 14 und besucht die Förderschule für Geistigbehinderte in Kamenz. Im „normalen“ Leben würden Dana und sie und die vielen anderen Freunde bereits in die 8. Klasse gehen und in diesem Frühling Jugendweihe, Konfirmation oder Firmung feiern. Doch in ihrem Fall ist Eigeninitiative gefragt. Oder besser gesagt die der Eltern.
Bereits zum dritten Mal stellen die Mütter und Väter von Schülern der Kamenzer Förderschule G diese feine Sache auf die Beine. „Es geht ums Prinzip, die Geste ist es, die zählt“, meint Silke Sauer. „Unsere Kinder sollen genau die gleichen Freuden erleben, wie andere auch!“ Dazu gehört beim Erwachsenwerden eben eine richtige Jugendweihefeier, finden sie. 2005 werden die Jugendlichen zu Elft sein – die drei Mädchen und acht Jungen im Alter von 14 bis 17 Jahren freuen sich, wie kleine Könige darauf. Immer wieder liegen sie ihren Eltern in den Ohren, wann denn endlich der große Tag sei, was sie dann anziehen, ob auch getanzt wird, wer zu Besuch kommt, ob es Geschenke gibt. Ganz normale Wünsche junger Erwachsener. „Was die Jugendweihe bedeutet wissen unsere Kinder ganz genau, wir haben auch alles sehr authentisch vorbereitet und vor allem sie darauf vorbereitet“, erzählt Gisela Briesnitz. Drei Jugendstunden hat das engagierte Organisationsteam auf die Beine gestellt. Die letzte lief gestern in Kamenz über die Bühne. Da traf man sich zur Modenschau, ein anderes Mal in der Bowlingbahn oder fuhr zum Tanzabend der Lebenshilfe nach Oberlichtenau.
Feierstunde im Barockschloss
Dort findet auch die Feierstunde statt – im Barockschloss. Und sogar eine Festrednerin gibt es: Ingrid Reimann von der Lebenshilfe Kamenz-Hoyerswerda e.V. kennt ihre Schäfchen aus erster Hand, weiß über ihr Befinden Bescheid, kann mit den Besonderheiten umgehen. „Sie begleitet uns schon bei den Jugendstunden, wir sind sehr froh, dass es solche Menschen gibt“, berichtet Silke Sauer. Natürlich wird auch musiziert zur Jugendweihe, gibt es Urkunden mit persönlichen Sprüchen für jeden. Der Saal soll festlich geschmückt werden, das übernimmt das Kinderheim Oberlichtenau, denn auch von dort ist ein Jugendweihling dabei.
„Das Schönste an der Sache ist, dass sich die Jugendlichen in der Vorbereitung zu einer tollen Gruppe entwickelt haben, hier fällt kein böses Wort, gehen alle lieb miteinander um“, so Gisela Briesnitz. Jan, Alexander, Maria, Sandro, Romy, Martin und die anderen haben die unterschiedlichsten geistigen Behinderungen. Aber auch eines: Ungebrochene Lebensfreude. „Ich weiß schon jetzt, dass sie sich über die Rose zur Jugendweihe mehr freuen, als andere Kinder über 100 Euro“, so Silke Sauer.