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Die Situation ist jetzt für viele knallhart

Soziales. Wer bis zumvergangenen Jahr vomSozialamt Hilfe erhielt, ist jetzt als Alg II-Empfänger auf sich gestellt.

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Von Christine Marakanow

Frau Birnse (Name von der Redaktion geändert) ist aufgeregt. Sie muss demnächst umziehen. Als Alg II-Empfängerin kann sie die Miete und die Heiz- und Nebenkosten für die relativ große Wohnung nicht mehr aufbringen. Sie wohnt mit ihrer 17-jährigen Tochter zusammen. Und die Wohnung liegt nur wenige Quadratmeter über dem vorgegeben Limit. Aber bei etwas mehr als 300 Euro, die ihr monatlich zum Leben bleiben, kann sie den Eigenbetrag, der für die Übergröße selbst zu zahlen ist, nicht aufbringen. Zumal sie Schulden hat, die sie vorläufig nicht ohne Hilfe abzahlen kann. Absehbar ist, dass zu den bereits vorhanden Schulden noch welche dazukommen, wenn die Nebenkostenabrechnung ins Haus flattert . . . Der neue Vermieter hat ihr angeboten, die Kaution für die neue, kleinere Wohnung in Raten zu zahlen. Doch Frau Birnse hilft das wenig. Sie muss für die neue Wohnung noch einen Gasherd kaufen und ihn anschließen lassen. Jetzt kocht sie auf einem Elektroherd. Auch dafür bieten ihr Berater des Dienstleistungszentrums ein Darlehen an.

Frau Birnse ist verzweifelt. „Ich will mich wehren“, sagt sie. Aber sie weiß nicht wie. „Klar will ich von den Schulden runterkommen.“ Für einen Ein-Euro-Job will sie sich bewerben. Doch sie weiß manchmal nicht, was sie zuerst tun soll. Termine bei Vermietern, im Dienstleistungszentrum, bei Umzugsfirmen Kostenvoranschläge einholen. Alles kommt auf einmal auf sie zu. Ihr schwirrt der Kopf. In ihrer Not hat sie sich an die SZ gewandt. Vielleicht kann man über die Stiftung „Lichtblick“ helfen, hofft sie.

Rückfragen im Dienstleistungszentrum brachten immerhin eine Überprüfung der Situation und die Aussicht, die Kaution zu übernehmen. Und der Kontakt zum Arbeitslosenzentrum wurde ebenfalls wieder hergestellt, so dass Frau Birnse jetzt erneut in der Schuldnerberatung betreut wird. Dass ihr ein Teil des Schuldenbergs genommen wird, ist schon ein Lichtblick und Ansporn für sie.

Angela Rabin vom Dienstleistungszentrum für Arbeit bestätigt, dass die Situation für viele „knallhart“ ist. Unterstützungen würden nur für Erstausstattungen gewährt. Das gelte für jemand, der wirklich nichts hat und ganz neu anfängt. Wenn einem Alg II-Empfänger ein Kühlschrank kaputt geht, muss er selbst für Ersatz sorgen. Kaufen auf Pump.