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Die „Tafel“ bekommt immer weniger Waren

Weil das Angebot nachlässt, holen weniger Bedürftige Essen von der „Tafel“. Ab 1.Oktober schließt deshalb die Ausgabe in Bernstadt.

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Von Madeleine Friedrich

Nachdem bereits im März die Ausgabestelle in Neugersdorf geschlossen wurde, trifft es nun die Essensausgabe in Bernstadt. Ab 1.Oktober bleiben die Türen der Außenstelle Bernstadt des Vereins Oberlausitzer Tafeln geschlossen.„Wir bedauern diesen Schritt, aber die Ausgabe in Bernstadt rentiert sich für uns nicht mehr“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des Vereins, Hans-Dieter Saar.

Die Kundschaft in Bernstadt ist in den letzten Monaten um die Hälfte zurück gegangen. Weniger Abnehmer bedeutet für den Verein weniger Einnahmen, während die fixen Ausgaben für Miete und Strom bleiben. Schließlich spendet jeder, der sich bei der Tafel Essen mitnimmt je nach Haushaltsgröße einen Obolus an den Verein der Tafel.

Hans-Dieter Saar muss zugeben, dass die Tafel weniger Kundschaft bekommt, weil ihr Angebot nicht mehr so breit gefächert ist. „Ein Teil an Waren ist für uns regelrecht weggebrochen.“ Milchprodukte sowie Fleisch- und Wurstwaren bekomme die Tafel kaum noch geschenkt. Während früher die Lebensmittelketten ihre Waren kurz vor Verfall des Mindeshaltbarkeitsdatums an die Tafel übergaben, würde das Essen heute bis zum letztmöglichen Tag zu günstigeren Preisen in den Kühlregalen der Supermärkte angeboten. Nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums könne Saar die Kühlwaren aufgrund der Hygienevorschriften nicht mehr anbieten. So schauen viele Bürger regelmäßig in den „Billigecken“ der Märkte nach günstigen Angeboten, statt zu den Tafeln zu gehen, wo so gut wie nichts für die Lebensmittel zu zahlen ist.

Für die Mitarbeiter der Tafel Oberlausitz wird es immer schwieriger, überhaupt Lebensmittel zu bekommen: „Teilweise fährt man wegen drei Kisten nach Dresden und Leipzig“, sagt Saar.

Michael Draeke, Pressesprecher vom Bundesverband Deutsche Tafeln kann nicht bestätigen, dass bundesweit mehr Tafeln schließen müssen. Laut Draeke steigt die Nachfrage nach Waren bei den Tafeln sowie der Umfang der abgegebenen Lebensmittel–wenn auch nicht im gleichen Maße. „Natürlich gibt es regionale Unterschiede. Die Tafeln in der Nähe von Ballungszentren haben es leichter, an Lebensmittel zu gelangen“, so Draeke. Auch Edith Franke vom Sächsischen Landesverband der Tafeln kennt den Mangel an Waren von andere Tafeln nicht. „Da ab September wieder die Lebensmittelpreise steigen, haben die Märkte sogar mehr Waren übrig, die sie an uns abgeben“, nimmt sie an. Um die Produkte auf die verschiedenen Tafeln im Freistaat besser zu verteilen, unterhält der Landesverband in Dresden ein Kühlhaus, aus dem einzelne Tafeln sich versorgen können.

Edith Frauke sieht das Problem der Unterversorgung an Waren als ein vorübergehendes Übel. „Bei uns geht es immer mal auf und mal ab“. Die Idee, dass Tafeln in Grenznähe sich aus polnischen und tschechischen Supermärkten bedienen, hält sie für fatal. „Diese Länder haben ähnliche Systeme wie die Tafeln und sind auf ihre Märkte angewiesen“, erklärt sie.