Von Marcel Laskus
Zuerst die Widerlegung zweier Mythen, die sich hartnäckig halten: Weder trägt Pau-Pau-Eis ein Bio-Siegel, noch gehört es zu Langnese. Wenn Armando Reyes, Geschäftsführer und Erfinder der meisten Sorten, hin und wieder danach gefragt wird, schiebt er seinem Kopfschütteln ein breites Grinsen hinterher. Beweisen die Fragen dem 31-Jährigen doch charmant, wie die Marke Pau Pau in ihrem dritten Jahr wahrgenommen wird: als professionell und nachhaltig.
Dabei könnte der Ort, an dem das Eis per Hand in die kompostierbaren Becher gespachtelt wird, kaum unscheinbarer sein. Dort, wo die Dohnaer Straße dem Stadtzentrum entspringt, ist der Dresdner vor allem Gebrauchtwagenhändler und Tankstellen gewohnt, weniger die Manufaktur von hippem Speiseeis. Nur die zwei Meter breite Tafel verkündet, was sich im Erdgeschoss des farblosen Gebäudes verbirgt. Für Armando Reyes und seine Partnerin Vanessa Bravo, 38, war die Wahl des Standorts aber zweitrangig. Viel wichtiger sei, was im Gebäude steckt: Schon zu DDR-Zeiten gab es hier eine Eismanufaktur; die Räume erfüllten bereits über Jahre ihren jetzigen Zweck. Besonders praktisch: „Sogar die Eismaschine konnten wir für die Produktion verwenden“, sagt Reyes.
Ein paar Nachteile gebe es dennoch: So ist aufgrund der Lage und Bauweise kein Straßenverkauf möglich – ein langgehegter Wunsch von Reyes, der sich nur an einem anderen Ort verwirklichen ließe. „Im Direktverkauf ist die Gewinnspanne höher“, sagt Reyes, der vor acht Jahren aus Mexiko nach Dresden kam. Einen Standortwechsel schließt er deshalb nicht aus, konkrete Pläne habe er aber noch nicht. Bisher wird das Eis ausschließlich an gastronomische Betriebe weiterverkauft. Dafür klappert der Pau-Pau-Lieferwagen zweimal pro Woche die 30 regelmäßigen Abnehmer ab, von denen sich die meisten in Dresden und dessen Umland befinden. Der wichtigste Kunde sind die Mensen der Technischen Universität. Am größten ist die Pau-Pau-Dichte in der Dresdner Neustadt, wo 14 Lokale regelmäßig Pau Pau ordern. Die bisher einzige Pau-Pau-Exklave jenseits von Sachsen ist die Berliner Filiale eines Dresdner Cafés, wo das Eis auf großen Zuspruch trifft.
Neustädter und Studenten, sie sind die wichtigste Klientel, denn „sie sind neugierig und probieren ungewöhnliche Sorten aus“, sagt Reyes. Und ungewöhnlich ist das Eis bei Pau Pau fast immer: Kreationen wie Schwarzer Sesam oder Matcha-Tee, einem grünen Tee aus Japan, sorgen häufig erst einmal für skeptische Blicke. Denn der deutsche Gaumen ist von der italienischen Eiskultur kultiviert, und die ist vor allem cremig und sahnig. In Mexiko hingegen gibt es mehr Sorbets und Fruchteis. „Das liegt auch an der Hitze“, sagt Reyes. Mittlerweile kämen auch die Deutschen auf den Geschmack. Sorten wie Passionsfrucht-Mango und Gries mit Zimt gelten als Klassiker; für die Spätsommer-Herbst-Saison wird unter anderem Maracuja mit weißer Schokolade gemixt. Zehn, zwölf Stunden steht Armando Reyes pro Woche in der Küche, um mit neuen Rezepturen zu experimentieren. Denn alle paar Monate wechselt das Sortiment.
Nur was bei den Kunden gut ankommt, landet erneut im Angebot. Das führt manchmal zu voreiligen Schlüssen: Weil die Sorte Matcha-Tee im Vorjahr floppte, flog sie in diesem Jahr von der Karte. Die Kundschaft der Brennnessel, einem Restaurant gegenüber der Dresdner Musik-Hochschule, rebellierte: Gerade die zahlreichen asiatischen Studenten der Hochschule vermissten das Eis. Wie Armando Reyes herausfand, sei der Matcha-Tee so etwas wie die Schokolade für Asiaten – unverzichtbar. Nun steht das Eis wieder zum Verkauf.
Insgesamt entwickelt sich das Geschäft für Pau Pau positiv. Während vor zwei Jahren noch 100 Liter Eis pro Woche produziert wurden, sind es aktuell siebenmal so viel. Gerade vegane Sorten werden immer beliebter und auch im Winter funktioniert der Verkauf. Um noch entspannter durch die kalte Jahreszeit zu kommen, tüftelt Armando Reyes an einem neuen Produkt, was noch dieses Jahr auf den Markt kommen soll. Was es sein wird? Streng geheim.