Von Jana Klameth
Jetzt muss es ganz fix gehen. In 20 Minuten soll der Zug, der soeben in den Jöhstadter Bahnhof eingefahren ist, wieder zurück nach Steinbach rollen. Annett Kurth rennt los und springt in den ersten Buffet-Wagen. Hier wartet schon Ursula Richter, die heute hinterm Tresen steht. Sie reicht das schmutzige Geschirr rüber. Damit flitzt Annett in den Lokschuppen, in dem auch der Aufenthaltsraum samt Spülmaschine untergebracht ist. Mit einer sauberen Ladung Teller und Tassen kehrt sie in den alten Reisewagen der 3. Klasse zurück.
Die Mannschaft ist eingespielt. Zwei Männer stehen im Lokstand, einer rollt mit der Diesellok an, um beim Rangieren zu helfen, zwei Schaffner beantworten geduldig die Fragen der Fahrgäste. „Wenn wir Fahrtage haben, sind jedes Wochenende an die zehn Vereinsmitglieder vor Ort“, sagt Gerald Seifert, der für das Marketing der Bahn verantwortlich ist.
Ein Waggon als Hühnerstall
Die Preßnitztalbahn ist eine Museumsbahn. Das heißt: Sie wird ehrenamtlich von Vereinsmitgliedern betrieben, die als Schlosser, Zugbegleiter oder Lokheizer tätig sind. Sie kümmern sich um die historischen Fahrzeuge, organisieren an Wochenenden und zu besonderen Anlässen Bimmelbahnfahrten, bewirten ihre Gäste.
Ähnliches leisten auch andere Museumsbahn-Vereine in ganz Europa. Doch die Preßnitztaler sind noch eine Spur verrückter. Ohne sie würde nämlich gar nichts mehr dampfen in dem romantischen Tal zwischen Jöhstadt und Steinbach. Die einst 23 Kilometer lange Strecke zwischen Wolkenstein und Jöhstadt wurde ab 1984 abschnittsweise stillgelegt, 1986 kam das endgültige Aus, verbunden mit der sofortigen Demontage. „Es gab viele Proteste, doch die DDR-Führung wollte wohl Tatsachen schaffen und die Strecke keinesfalls wiederbeleben“, sagt Seifert. Die Loks kamen auf anderen Strecken zum Einsatz, die Waggons wurden zu Gartenhäuschen und Hühnerställen umgebaut. Die Eisenbahnfreunde trauerten und planten, in Großrückerswalde wenigstens ein Denkmal für die Bahn zu errichten.
Spenden und Muskelarbeit
Doch dann kam die Wende und damit die Hoffnung, die Bahn wiederzubeleben. Rund 60 Bahnfans gründeten die Interessensgemeinschaft Preßnitztalbahn e. V. und beschlossen den Wiederaufbau. Mittlerweile sind in dem Verein über 400 Mitglieder organisiert.
„Anfangs waren wir überzeugt, dass wir die Gesamtstrecke reaktivieren können, letztendlich entschieden wir uns für den abschnittsweisen Wiederaufbau“, erzählt Seifert. Schließlich war alles mehr oder weniger Muskelarbeit und musste größtenteils mit privaten Mitteln finanziert werden. Schienen organisierten die Vereinsmitglieder von anderen stillgelegten Strecken, 1992 kam die erste Dampflok zurück, derzeit besitzt der Verein vier. Die Wagen wurden zumeist den Privatnutzern wieder abgeluchst. „Einigen haben wir als Ersatz ein Gartenhäuschen gebaut“, erinnert sich Seifert. Im August 2000 konnte die rund neun Kilometer lange Strecke zwischen Jöhstadt und Steinbach eingeweiht werden.
Zu tun bleibt aber auch in Zukunft noch genug. So weihte der Verein erst im vergangenen Jahr im Ortsteil Schlössel eine Ausstellungs- und Fahrzeughalle ein. Außerdem wollen die über 35 000 Fahrgäste pro Jahr angenehm betreut werden. Gerald Seifert: „Langweilig wird es nie, wir haben noch viele Pläne.“