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Die vielen Seiten eines Münzsammlers

Über vier Jahrzehnte stand Siegfried Hoffmann an der Spitze Görlitzer Numismatiker. Jetzt ist er Ehrenvorsitzender.

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Von Ralph Schermann

Dass man Münzen nicht nur ausgeben, sondern auch sammeln kann, wusste Siegfried Hoffmann schon als Kind. „Der Vater sammelte neben Briefmarken auch ein paar besondere Geldstücke, vor allem aber hatte Mutter ein faszinierendes Bonbonglas, dem sie Kupfermünzen anvertraute“, erinnert sich der gebürtige Görlitzer.

Die Hoffmanns wohnten auf der Laubaner Straße, heute Zgorzelec, und kamen nach dem Zweiten Weltkrieg in den Westteil der Stadt. „Als Jungs kaupelten wir da ab und an mit Geldstücken, denn die waren rar“, weiß der 1937 geborene Siegfried. Gelernt hat er indes weder Bankkaufmann noch Goldschmied. Er wurde Gärtner – da sage noch einer, Geldsammler mögen keine Blüten. 55 Jahre lang arbeitete Siegfried Hoffmann in der GPG Neißestadt, zuletzt als Gartenbauingenieur.

Das Münzsammeln hatte er darüber zunächst etwas vergessen, bis im März 1965 in der DDR ein Münzkatalog für 1873 bis 1932 erschien, der erste DDR-Münzband überhaupt. Die Auflage war gering, die Nachfrage groß. Das Büchlein musste in Görlitz im HO-Fachgeschäft „Philatelist“ bestellt werden, und Verkaufsstellenleiter Helmut Specht hatte eine Idee, die heute an jedem Datenschützer scheitern würde: Er schickte an den Deutschen Kulturbund eine Liste mit den Namen der Interessenten und regte an, diese in einer Interessengemeinschaft Numismatik zusammenzuführen. Das klappte tatsächlich, und für die erste Zusammenkunft wurden dann sogar noch weitere Interessenten über die Sächsische Zeitung eingeladen.

19 Görlitzer Bürger standen auf dieser Liste von 1966, überwiegend stadtbekannte Personen wie Malermeister Linke, Tischlermeister Gruber, Konditormeister Gerber, Stellmachermeister Petzold, diverse Ärzte und Zahnärzte. Und Siegfried Hoffmann. „Ich weiß zwar nicht mehr, was meine erste Münze war, aber damals begann meine richtig organisierte Sammlerzeit“, berichtet er. Sehr früh gehörte er zum Vorstand der IG, wurde Vorsitzender und führte 1990 nach Auflösung des Kulturbundes die IG in den Numismatischen Club zu Görlitz, eingetragen als 33. Verein seit der Wende. Der Name Numismatischer Club zu Görlitz kam dabei nicht von ungefähr. Schon 1904 gründete der sich in Görlitz, wurde aber 1933 verboten und kam nun zu neuen Ehren. Siegfried Hoffmann vertrat ihn auch in der Sächsischen Numismatischen Gesellschaft.

Über hundert Mitglieder zählten die in Görlitz organisierten Numismatiker in Zeiten der DDR. Die Mitglieder tauschten und fachsimpelten nicht nur, sie gestalteten mehrere Ausstellungen und Leistungsschauen, forschten zu speziellen Projekten wie den „Probemünzen“. Auch Sondermedaillen wurden herausgegeben, unter anderem anlässlich der 900-Jahr-Feier der Stadt Görlitz. Immer war es Siegfried Hoffmann, der Ideen einbrachte, der aber stets bescheiden betont: „Im Vorstand war alles immer eine Gemeinschaftsaufgabe.“

Dazu zählen auch Vorhaben außerhalb der Numismatik. So folgte die Interessengruppe 1984 den Intentionen Siegfried Hoffmanns als Verehrer Jakob Böhmes, die Pflege des Böhme-Grabes auf dem Nikolaifriedhof in eigene Regie zu nehmen.

Heinz Schnabel, langjähriges Klubmitglied, erinnert an die Unterstützung, die Siegfried Hoffmann der AG Numismatik an der 15. Oberschule widmete, an 30 genormte Ausstellungsvitrinen, die er organisierte, an eine von ihm aufgebaute Fachbibliothek. Wo er dabei noch Zeit für Arbeitseinsätze und Fahrten zu anderen Klubs hernahm, scheint unvorstellbar, überlegt Sammler Ulrich Schubert: „Denn Freund Hoffmann lässt auch kaum einen Trödelmarkt aus, angelt, spielt Skat, kennt sich aus in der Freimaurer-Loge und der Schlaraffia-Gesellschaft, hält Kontakte zum Zirkel Görlitzer Heimatforscher.“ Kein Wunder, dass der rührige Görlitzer nach weit über vier Jahrzehnten IG- und Vereinsvorsitz nun etwas ruhiger treten will und diese Funktion niederlegte – auch wenn es heute wieder „nur“ 19 Mitglieder wie einst zur Gründung sind. Ehefrau Barbara dürfte es freuen – doch jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Und so will sich Siegfried Hoffmann nicht gleich völlig aus dem Numismatikerleben zurückziehen. Der Verein ernannte ihn nämlich zum Ehrenvorsitzenden, und mit Ilka ist sogar eine Tochter auf Vaters Spuren im Vereinsvorstand.

Der Numismatische Club zu Görlitz trifft sich an jedem ersten Mittwoch im Monat, 18 Uhr, im Hotel „Silesia“, Kamenzer Straße. Neue Mitglieder sind immer willkommen.