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Die wechselhafte Geschichte einer Tuchfabrikanten-Villa

Arnolds Fabrikanten-Villa ist für viele Kamenzer heute noch ein Begriff. Die meisten allerdings kennen das Haus an der Haydnstraße als Schulhort. Denn ein selbiger war hier ab den sechziger Jahren untergebracht.

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Von Ina Förster

Arnolds Fabrikanten-Villa ist für viele Kamenzer heute noch ein Begriff. Die meisten allerdings kennen das Haus an der Haydnstraße als Schulhort. Denn ein selbiger war hier ab den sechziger Jahren untergebracht. Die Schüler der damaligen 1.POS verbrachten nach dem Unterricht ihre Zeit im Haus. Vom Glanz alter Zeiten waren schon damals nur ein paar verschnörkelte Türen, Holzdecken und die alte Veranda übrig. Der Sozialismus zog in das Gemäuer ein und damit Pittiplatsch, Sandmann und Schnatterinchen an der Wand.

In alten Bauakten entdeckt

Wie die bekannte und gut betuchte Kamenzer Fabrikanten-Familie Arnold hier aber einst gelebt haben muss, entdeckte die heutige Hausherrin Carola Büchner voriges Jahr in alten Bauakten, die sie im Stadtarchiv fand. Und stieß dabei auch auf das magische Datum 6.März. „Das Bau-Revisions-Protokoll, also so etwas wie eine Bauabnahme, stammt von diesem Tag aus dem Jahr 1909. Somit war uns klar, dass das Haus 2009 seinen 100. Geburtstags feiert“, erzählt Carola Büchner. Die Wahl-Kamenzerin und Zahnärztin für Kiefernorthopädie arbeitet und lebt nun schon seit 1999 mit der Familie in der Villa. Als Fan von Häusern mit Charakter und vor allem des Jugendstils, hatte sie lange mit dem Gedanken gespielt, das viele Jahre leer stehende und langsam zu verfallen drohende Gebäude zu erwerben. Über ein Jahr Bauzeit verging, ehe man 1999 samt der Praxis einziehen konnte.

Tochter besucht ihr Elternhaus

„Wir kauften das Haus von der Tochter des Villen-Erbauers Richard Arnold, mit der wir heute noch gute Verbindungen pflegen.“ Karin Arnold-Klaffenböck ist mittlerweile weit über 90, möchte die Büchners aber im Sommer noch einmal besuchen kommen, um mit ihnen den 100. Geburtstag ihres Elternhauses zu feiern.

Die Firma ihres Vaters, „Müller & Arnold“ wurde 1891 übrigens von vier Gesellschaftern gegründet und im Herrental erbaut. Die Spinnerei und Weberei stellte vorrangig Uniformstoffe her. „Wie lange die Arnolds hier wohnten, wissen wir nicht genau. In alten Bauunterlagen der Villa fanden wir unter anderem noch einen Antrag auf den Einbau eines Schornsteines vom 24.Juli 1950 von der Familie“, so Carola Büchner. Die nächsten Unterlagen, die existieren, stammen dann schon von 1961. Darin geht es um einen Fensterumbau, den der Rat des Kreises anwies für eine Kindertagesstätte. Im Hauptstaatsarchiv Sachsens ist zu lesen, dass ein gewisser Karl Röseberg seit 1953 mit der kommissarischen Betriebsführung von „Müller & Arnold“ beauftragt und 1955 zum alleinigen Geschäftsführer ernannt wurde, da der Betriebsleiter Georg Arnold die DDR verlassen hatte. Seit dieser Zeit muss auch die Villa leer gestanden haben, bevor der Hort einzog. Nach der Wende erhielt die Tuchfabrikantenfamilie das Haus zurück.

Neuer Glanz und Respekt

Mit den jetzigen Eigentümer hat die Villa neuen Glanz erhalten und würdigen Respekt. „Meine Mitarbeiterinnen haben sogar eine Ranke geflochten mit einer Hundert darauf“, freut sich Carola Büchner. Zusammen mit dem 10. Jubiläum ihrer Kiefernorthopädie-Praxis wurde am 6.März stilecht gefeiert.