Von Annett Heyse
Früher war alles anders, sogar die Feuerwehr. Dunkelgrün sieht der riesige Blechkasten auf Rädern aus. Über dem Wassertrog ist ein kompliziertes Gestell aufgebaut, eine Kombination aus Pumpe und Schlauchhalter. Vermutlich stammt diese Handdruckspritze von 1874, ganz sicher verbürgt ist die Jahreszahl nicht. Was sicher ist: Dies ist Wilsdruffs ältestes Feuerwehrgerät. „Und es ist betriebsbereit“, erklärt Wehrleiter Siegfried Sautner stolz und fährt mit der Hand über den dunkelgrünen Lack.
Die Handdruckspritze steht gemeinsam mit über 500 anderen Schaustücken im alten Wilsdruffer Lokschuppen an der Freiberger Straße. Am Sonntag, dem 1. Juni kann hier jeder rein und sich Wilsdruffs Feuerwehrgeschichte ansehen und anfassen. Das kleine Museum enthält so ziemlich alles, was in den vergangenen 150 Jahren in Wilsdruffs Wehr im Einsatz war: Sturmleitern und Fahrzeuge, Schaufeln und Hitzeschutzanzüge, Kettensägen und Pumpen, Schlauchhaspeln und Helme.
Jahre- und jahrzehntelang lagerten die museumsreifen Ausrüstungsgegenstände in den Feuerwehrhäusern herum. „Immer stand irgendetwas im Weg, aber keiner hat sich getraut, auch nur ein Stück wegzuwerfen“, erinnert sich Siegfried Sautner noch. Aber es musste etwas mit Handdruckspritze und Co. passieren.
Die Feuerwehrmänner entschieden sich, eine richtige Sammlung aufzubauen. Nur Fahrzeuge und Ausrüstung aus Wilsdruffer Beständen wollten sie bewahren. In Feierabendarbeit begannen sie mit der Restaurierung. Nicht historischer Lack wurde heruntergekratzt – Feuerwehren waren früher eben grün und nicht rot –, Räder neu beschlagen, Pumpen ausgebessert. Nebenbei recherchierten die Kameraden die Einsatzgeschichte der Fahrzeuge. Denn immerhin wurden die Wilsdruffer Kameraden zwischen 1864 und 2014 zu beinahe 2 300 Einsätzen gerufen. „Von der Gründung bis heute gibt es darüber eine genaue Buchführung“, erzählt der Wehrleiter stolz. Den ersten Brandeinsatz gab es 1865, die erste technische Hilfeleistung 1876. Allein rund 1 210 Einsätze fanden von 2001 bis 2014 statt. 99 Prozent aller jemals in Wilsdruff aktiv gewesenen Kameraden sind namentlich bekannt.
Aber wer denkt, dass die Feuerwehr früher nur Feuer bekämpfte und das auch erst ab 1864, irrt dennoch. „Ein Löschwesen gab es auch schon im Mittelalter“, ist sich Sautner sicher. Schließlich habe es damals viel öfters Brände gegeben, die auch noch verheerender waren und schon mal ganze Stadtteile in Schutt und Asche legen konnten. „Da mussten die sich was einfallen lassen, es kann gar nicht anders gewesen sein.“ 1864 war wohl der Punkt erreicht, an dem es ohne Ausbildung und Technik nicht mehr ging – die Freiwillige Feuerwehr Wilsdruff wurde gegründet, und die Handdruckspritze war ihr erstes Fahrzeug. 1897 kam eine pferdebespannte Abprotzspritze hinzu, also ein großer Wasserkasten auf einem Fuhrwerk, auf dem auch exakt neun Kameraden Platz fanden. „Das war auch damals schon genormt“, sagt Sautner.