Nicht bloß von Kahlschlag, sondern von Vandalismus spricht Britta Frenzel vom Grundstück Zscheilberg 1 in einem Leserbrief an die Sächsische Zeitung. Gemeint sind damit die Rodungsarbeiten am Joachimstal, die die Sächsische Winzergenossenschaft Anfang März dort vornehmen ließ. „Wunderschöner Bewuchs in den Felsen, Hecken von Flieder, Schlehen, Forsythien, Heckenrosen – auch ein Nussbaum – mussten daran glauben. Kaum vorstellbar, dass noch im letzten Jahr die Nachtigall hier zu Hause war.“ Britta Frenzel äußert in ihrem Brief zwar Verständnis dafür, dass „im Zuge der Mauersanierung für den geplanten Schauweinberg“ der Winzergenossenschaft eine so genannte Entbuschung genehmigt wurde, kein Verständnis hat sie für deren Ausmaß.
Mehr Sensibilität angemahnt
„Beton und Kahlschlag sind nicht wohnlich, man hat den Verdacht, dass die Leute, die hier in Meißen Entscheidungen treffen, nicht in der Stadt wohnen müssen.“ Sie verweist auf die jüngste Studie des Architekten und Stadtentwicklers Claus-Dirk Langer, der in der SZ mehr Grün für Meißen gefordert hatte, um die Stadt als Wohnstandort attraktiver zu machen. Was im Joachimstal geschehe, sei das genaue Gegenteil davon: „Mittlerweile sind wir umgeben von rostigen Maschendrahtzäunen.“ Sie wünsche sich in der Stadt entschieden mehr Sensibilität im Umgang mit Bäumen und Grünflächen.
Auf die Beschwerden von Britta Frenzel und ihrer Nachbarin Sybille Händler hin fand am 10. März eine Begehung mit den für die Rodungsarbeiten zuständigen Vertretern des Aufbauwerkes Meißen statt. „Offiziell eingeladen waren wir nicht, wir haben uns einfach dazugesellt“, sagt Frau Frenzel.
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, für mich ist alles in Ordnung“, erklärt Lutz Krüger, der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft, auf SZ-Nachfrage. Man habe mit den Anwohnern gesprochen und auch behördlicherseits „ist alles abgesichert“.
In der Tat durften die Sträucher und Bäume auch noch nach dem 1.März gefällt werden, wenn eigentlich schon die Vogelschutzzeit begonnen hat. Im übrigen sei der Nussbaum geschädigt gewesen, so Lutz Krüger.
Der Geschäftsführer erklärt, dass die Winzergenossenschaft den alten Weinberg an den Hallen ihrer Abfüllanlage wieder rekultivieren wolle. Es war einer der ersten Steilweinberge in Sachsen. Man hoffe, noch in diesem Jahr etwas bewegen zu können. Und Jörg Böhme, Mitarbeiter des Stadtbauamtes, erklärt dazu: „Was die Winzergenossenschaft jetzt freilegt, ist das letzte Rudiment des ehemaligen kurfürstlichen Weinberges im Joachimstal.“ Udo Lemke