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Die Wurzeln sind ausgetrocknet

über den Abstieg von Energie Cottbus

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Berthold Neumann

Wer Ende der 1980er-Jahre geboren wurde und sich als Sechs- oder Siebenjähriger für Fußball zu interessieren begann, kannte sie gar nicht mehr: eine Zeit ohne Energie Cottbus in der ersten und zweiten Bundesliga. So wie in den alten Bundesländern Vereine wie Greuther Fürth scheinbar schon ewig dazugehörten, waren die Cottbuser auf dem besten Wege, als einzige Mannschaft der neuen Bundesländer zum Inventar des bezahlten Fußballs zu gehören. Nach 17 Jahren endete nun das einst deutschlandweite bestaunte Lausitzer Märchen.

Vielen Fans, auch in Sachsen, dürfte der Absturz trotzdem schnurzpiepegal sein. Und dennoch werden die Verdienste der Geyer, Krein und später Sander und Co. respektiert. Kein Verein hat seit der Jahrhundertwende so stabil für den Ost-Fußball gestanden wie die Lausitzer.

Als leblos und ohne erkennbaren Einsatzwillen beschrieben die einen den abstiegsbedeutenden Auftritt am Sonnabend, als dürftig und gar tollpatschig die anderen. Attribute, die früher niemand Cottbuser Spielern ernsthaft vorwerfen konnte. Im Gegenteil. Da wurde höchstens beklagt, dass frühere Energie-Mannschaften ihre spielerische Limitiertheit mit rustikaler Spielweise kompensierten.

Er wolle Energie zu einem normalen Klub wie jeden anderen umwandeln, hatte Klub-Boss Lepsch bei seinem Amtsantritt angekündigt. Das ist ihm gelungen. Und hat damit über die Jahre schleichend die Wurzeln ausgetrocknet, aus denen die Lausitzer Kraft sogen und sich fast zwei Jahrzehnte behaupteten. Zum Schluss wehrte sich niemand mehr – undenkbar für eine Mannschaft, die früher nur so vor Energie strotzte.