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Diskriminierung? Ein Fußball-Trainer wird gesperrt

Im April wurde ein Spiel der E-Junioren in Dresden abgebrochen. Jetzt gibt es ein Urteil des Sportgerichts, aber der Fall lässt weiter Fragen offen.

Von Alexander Hiller
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Wurde hier ein Trainer massiv auf Arabisch beleidigt? Das Sportgericht findet dafür keine Belege.
Wurde hier ein Trainer massiv auf Arabisch beleidigt? Das Sportgericht findet dafür keine Belege. © Jürgen Lösel

Der Fall hatte für Aufsehen im Dresdner Nachwuchsfußball gesorgt. Ein E-Juniorenspiel der Kreisliga A in Dresden zwischen dem gastgebenden FV Hafen und dem SV Loschwitz III war am 6. April abgebrochen worden. Davor war es offenbar zu fremdenfeindlichen Äußerungen gegenüber dem Gäste-Torjäger, einem Kind irakischer Flüchtlinge, gekommen.

Das Kicker-Talent habe mit dem Loschwitzer Trainer Ammar Alhussen, der syrischer Herkunft ist, auf Arabisch gesprochen. In einem Gedächtnisprotokoll äußerten Loschwitzer Eltern, seien seitens der Gastgeber, also des FV Hafen, Sätze gefallen wie: „Sprich gefälligst deutsch“ und „Geh zurück, wo du herkommst“. Der Trainer der Hafen-Mannschaft habe daraufhin eigenmächtig den Platz abgebaut – also Eckfahnen entfernt – und somit die Partie abgebrochen. Auf Nachfrage Loschwitzer Eltern sei dabei die Begründung gefallen, auf dem Platz dürfe kein Arabisch gesprochen werden. Hafen-Präsident Tobias Jäschke sagte der Sächsischen Zeitung im Gespräch danach, dass FV-Beteiligte massiv auf Arabisch beleidigt worden seien. „Generell ist bedauerlich und bedenklich, dass sich Eltern über die Entscheidungsgewalt der beiden Vereine hinweg eine gesellschaftspolitische, einseitige Meinung bilden und breittreten, die die Geschehnisse vor Ort einseitig und ausdrücklich falsch wiedergeben“, ließ der FV Hafen in seiner Darstellung verlauten.

Welche Dinge falsch dargestellt worden sein sollen, lässt dieses Schreiben jedoch offen. Spieler, Sponsoren und Funktionäre fühlten sich pauschal „in die rechte Ecke gestellt und die ehrenamtliche Arbeit mit Füßen getreten“, heißt es. Dabei seien „in allen Teams unseres Vereins Spieler mit unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sprache und politischer Gesinnung beheimatet“. Der Hafen-Trainer habe die Partie eigenmächtig abgebrochen, weil er sich massiv auf Arabisch beleidigt fühlte. Das erklärte FV-Vizepräsident Oliver Marr auf Nachfrage der SZ.

Das Sportgericht des Stadtverbandes Fußball Dresden hat dazu kurz vor Ablauf der regulären Saison Mitte Juni ein Urteil gefällt. Auszüge daraus liegen der SZ nun vor. Darin heißt es zunächst: „Aus den dem Sportgericht von der Staffelleiterin vorgelegten Unterlagen und im Verlauf der weiteren Ermittlungen ergaben sich zu keiner Zeit Tatbestände, die dem SV Loschwitz auch nur ansatzweise als diskriminierendes Verhalten zur Last gelegt werden könnten“. Den Vorwurf der heftigen Beleidigungen in arabischer Sprache gegenüber Hafens Trainer Frank H. sieht die Rechtsinstanz mithin nicht bestätigt.

Interne Aufarbeitung des Falls

Vielmehr ist das Sportgericht offenbar der Argumentation des SV Loschwitz gefolgt, also des Vereins, für den der irakischstämmige Torjäger spielt. Darauf lässt die Entscheidung durch Sportrichter Mike Everts schließen. Zwar wird der Gesamtverein FV Hafen Dresden „vom Vorwurf des schuldhaften Herbeiführens eines Spielabbruchs wegen fehlender Schuld gemäß § 20 (2) der RVO des SFV freigesprochen“, heißt es in der Begründung. Dafür wird Trainer Frank H. verantwortlich gemacht und wegen „schuldhaftem Herbeiführens eines Spielabbruchs für die der Urteilszustellung folgenden acht Wochen gesperrt – für alle Meisterschaftsspiele als Trainer seines Vereins. Die Sperre wird demnach Mitte August ablaufen. Frank H. wird zudem zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Euro verurteilt und trägt die Kosten des Verfahrens in Höhe von 15 Euro – jeweils unter Mithaftung seines Vereins.

Die Konsequenzen aus sportlicher Sicht: Die eigenmächtig abgebrochene Partie wurde gemäß dem Urteil des Sportgerichts für den FV Hafen mit 0:1 Toren als verloren, für den Kontrahenten SV Loschwitz III mit 1:0 Toren und drei Punkten als gewonnen gewertet.

Inzwischen haben sich auch beide Vereinspräsidenten getroffen. Der Sachverhalt wurde jeweils intern aufgearbeitet. Und der FV Hafen hat zu seinem traditionellen E-Jugendturnier anlässlich des 70. Vereinsjubiläums ausdrücklich auch den SV Loschwitz eingeladen. „Wir nehmen die Einladung gern an“, sagte der SV-Vorsitzende Frank Schreier. Interne Konsequenzen, wie in der Erwiderung des FV Hafen angedeutet, wird es in seinem Verein allerdings nicht geben. „Unsere Eltern sehen definitiv keinen Anlass, von ihrer Darstellung abzurücken, sind aber aktiv an einer Aufarbeitung interessiert“, sagt Schreier.

Beim FV Hafen hingegen soll es einen Vereinsausschluss einer beteiligten Person gegeben haben. Bestätigen wollte das der Verein auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung jedoch nicht. „Ja, es hat intern Konsequenzen gegeben“, räumt Oliver Marr lediglich ein. Welche konkret, wolle er öffentlich nicht äußern. Allerdings ist der am Spielabbruch maßgeblich beteiligte Trainer Frank H. auf der modernen und aktualisierten Homepage des FV Hafen bei keiner Mannschaft mehr offiziell als Trainer aufgeführt.