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Doppeltes Liebes-Spiel

Die getötete Prostituierte Ramona D. hatte offenbar einen zweiten Partner. Noch ein Mann, der alles für sie tat.

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Von Juliane Richter

Mit jeder Prozessminute erscheint das Leben von Ramona D. komplizierter. In der Nacht zum 19. Februar hatte ihr Freund Mario B. sie erstochen. Beim Prozessauftakt am Landgericht vergangene Woche hat er wiederholt erklärt, wie harmonisch und vertrauensvoll seine Beziehung zu der 43-jährigen Prostituierten gewesen sei.

Am gestrigen zweiten Verhandlungstag bringt ein neuer Zeuge eine ganz andere Sicht auf ihr Leben mit ein: Der 38-jährige Matthias N. war seit Mai 2001 ebenfalls mit Ramona D. liiert. Zwar habe es immer wieder Pausen gegeben, aber der Kontakt sei in all den Jahren bestehen geblieben. „Zum Jahresanfang 2015 haben Ramona und ich den Plan gefasst, dass sie aufhört. Sie wollte eine normale Arbeit, sich etwas aufbauen. Sie wollte zu mir zurück. Meine Bedingung war, dass sie Schluss macht mit der Prostitution“, erzählt Matthias N. Noch am Abend vor der Tat hatte er per Handy Kontakt mit ihr. Seine Liebesbekundungen hat sie mit Herzchen und „Ihdal“– Ich hab dich auch lieb, beantwortet. Das belegt ein SMS-Verlauf, den Richterin Birgit Wiegand vorliest. Zu dieser Zeit, um 21.37 Uhr, sitzt sie gerade neben ihrem anderen Freund, Mario B. im Auto. Gemeinsam fahren sie von einem Kasino in Radebeul zur Einraumwohnung in der Micktner Straße. Rund 1 800 Euro sollen sie an diesem Tag an den Kasino-Automaten verloren haben.

Ramona D. hat laut übereinstimmender Zeugenaussagen regelmäßig gespielt, über ihre hohen Schulden aber hat sie nicht gesprochen. Weder mit ihrem Sohn noch mit ihrer Zwillingsschwester oder ihrer besten Freundin. Sie alle sagen vor Gericht jedoch aus, dass Ramona D. eine starke Frau war, die Probleme angegangen ist. Depressionen oder gar Selbstmordgedanken, von denen ihr Freund Mario B. berichtet, bezweifeln alle. Am ersten Verhandlungstag hatte der 35-jährige Angeklagte versucht, diese Gedanken als Motiv für die Tötung anzuführen. Er habe Ramona D. erlösen wollen, sie aus Liebe umgebracht. Von Anfang an zweifelt die Staatsanwaltschaft an dieser Version und führt als mögliches Motiv Eifersucht und die Angst davor, verlassen zu werden, an.

Von dem intensiven Kontakt, den Ramona D. zu ihrem zweiten Freund hatte, will der Angeklagte nichts gewusst haben. Vielmehr stellt er es so dar, dass sie den anderen abgrundtief gehasst habe. Denn der 38-jährige Matthias N. hatte sie früher in der Beziehung krankenhausreif geschlagen. „Ramona hat nur Kontakt zu ihm gehalten, weil sie sich rächen wollte. [...] Sie hat mit Leuten geredet, ihn zu entsorgen“, sagt der Angeklagte. Damit meint er, dass Ramona D. ihn töten oder töten lassen wollte. Zu diesem Zweck habe er selbst für sie auch K.o.-Tropfen bestellt. Diese wollte seine Freundin angeblich außerdem nutzen, um auch eine Nachbarin umzubringen, die ihr das Leben schwer gemacht haben soll. Die sonst sehr ruhige Richterin Birgit Wiegand kann an diesem Punkt nicht mehr an sich halten: „Nach allem, was ich gehört habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass Frau D. jemanden umbringen würde.“ Auch der anwesende Sachverständige zweifelt spürbar an den Aussagen des Angeklagten. An einer Stelle wird er besonders hellhörig: Mario B. erzählt, die georderten K.o.-Tropfen kurz nach der Tat abbestellt zu haben. Dabei hatte der Angeklagte vergangene Woche noch geschildert, wie er während der Tat einen völligen Blackout hatte. Zwar konnte er sich noch daran erinnern, seine Freundin mit einem Hammer geschlagen zu haben, die acht Messerstiche waren jedoch aus seinem Gedächtnis verschwunden. Scheinbar wollte er den Eindruck vermitteln, komplett neben sich gestanden zu haben. Dagegen spricht aber auch, dass er die Tatwerkzeuge später vom Blut gesäubert hatte.

Insgesamt bleibt der Angeklagte bei der Version, Ramona D. über alles geliebt zu haben. Hätte sie sich von ihm trennen wollen, hätte er das akzeptiert. „Ich hätte sie als Freundin nicht verlieren wollen“, sagt Mario B. voller Überzeugung.