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Dorfkonsum sucht Nachfolge

Der Markt von Familie Markant ist die letzte Möglichkeit, um im Ort um einzukaufen. Seine Zukunft ist derzeit ungewiss.

Von Eric Weser
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Der Einkaufsmarkt an der Wülknitzer Bahnhofstraße ist für viele im Dorf eine wichtige Adresse – denn von Lebensmitteln über Blumen bis Deko gibt es dort alles Mögliche. Doch die Inhaberin will bald in Ruhestand gehen.
Der Einkaufsmarkt an der Wülknitzer Bahnhofstraße ist für viele im Dorf eine wichtige Adresse – denn von Lebensmitteln über Blumen bis Deko gibt es dort alles Mögliche. Doch die Inhaberin will bald in Ruhestand gehen. © Eric Weser

Wülknitz. Christine Markant wieselt in ihrem Laden hin und her. Lose verkaufen, Brötchen ausgeben, Handyguthaben aufladen, Bestellungen für Obst und Bier entgegennehmen. 

Die Geschäftsfrau ist an diesem Nachmittag die einzige Arbeitskraft in ihrem Einkaufsmarkt in Wülknitz, ihre Mitarbeiterin war am Vormittag da. Jetzt schmeißt die Chefin den Betrieb. Doch lange wird sie das nicht mehr machen.

Die Unternehmerin will ihren Laden inklusive Grundstück verkaufen – und sucht einen Nachnutzer. Kürzlich ist im Wülknitzer Mitteilungsblatt eine entsprechende Anzeige erschienen. Auch der einstige Glaubitzer Getränkehandel der Markants findet sich darin.

Das Echo auf die vier Zeilen ist in Wülknitz durchaus groß. Denn das Geschäft an der Bahnhofstraße ist der einzige Lebensmittelladen in dem 700-Seelen-Ort. Und für weniger mobile Anwohner ist es gar der einzige, die sich relativ problemlos erreichen lässt.

Über diese Menschen dürfte sich gar nicht nachdenken, sagt Christine Markant. Aber wenn sie von einer älteren Kundin erzählt, die sich nach einer Krankheit wieder erkämpft hat, ohne fremde Hilfe zumindest bis zum Laden laufen zu können, merkt man: Sie tut es doch. Gleichwohl macht die Unternehmerin klar: Nach mehr als 45 Arbeitsjahren muss mal Schluss sein.

Findet sich kein Nachfolger, dann könnte es sein, dass nicht nur ein Arbeitsleben endet, sondern auch der Einkaufsmarkt zumacht. Ähnlich wie in Pulsen. Dort hatte Christine Markant ihre eingemietete Verkaufsstelle bereits Ende 2018 geschlossen. Auch in Pulsen wurde das von vielen Anwohnern bedauert. 

Doch in dem Ort gibt es mit Fleischer und Bäcker immerhin weiter die Chance, Lebensmittel zu kaufen. In Wülknitz sähe es anders aus, würde der Markant-Markt zumachen. – Die Entscheidung über die Zukunft des Geschäfts fällt in eine Zeit, in der das Thema Infrastruktur in der Gemeinde stark debattiert wird. 

Bürgermeister Hannes Clauß (parteilos) hatte erst kürzlich eine Bürgerversammlung einberufen, in der es um das künftige Leben der alternden Dorfbevölkerung ging. Dort wurde allseits betont, wie wichtig neben altersgerechten Wohnmöglichkeiten auch Dienstleistungen direkt vor Ort sind. Sei es ein Arzt, ein Pflegedienst, ein Friseur, ein Poststelle – oder ein Einkaufsladen.

Nicht nur Lebensmittel sondern auch Deko gibt es im Einkaufsmarkt an der Wülknitzer Bahnhofstraße.
Nicht nur Lebensmittel sondern auch Deko gibt es im Einkaufsmarkt an der Wülknitzer Bahnhofstraße. © Eric Weser

Auch deshalb hat sich die Kommune mit in die Entwicklungen rund um den Markt eingeschaltet: Kürzlich gab es eine Runde, bei der Ladeninhaberin, Bürgermeister und Vertreter von IHK sowie Elbe-Röder-Dreieck gemeinsam am Tisch saßen. Das Ziel: Über das Kontaktnetzwerk Möglichkeiten für eine Nachfolgelösung ausloten.

Doch die Bemühungen sind frisch, ein Ergebnis gibt es noch nicht. Fragt man Christine Markant, sagt sie, dass sie auf eine Lösung hofft, bei der der Laden erhalten bleibt. Allzu optimistisch gibt sie sich nicht. 

„Ich hatte eine gelernte Verkäuferin hier stehen, die sagte: Das wäre eigentlich was für mich“, erzählt sie. Aber daraus habe sich im Nachhinein nichts weiter ergeben. Ein Bekannter wolle jetzt beim Mann der Frau noch mal nachhaken.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer für manche Kunden. Wie für eine Koselitzerin, die an diesem Nachmittag unter anderem Rubbellose kauft. Wie sie ein Aus des Einkaufsmarktes finden würde? „Das würde mir überhaupt nicht gefallen.“ Denn dann würde alles noch beschwerlicher. 

Früher sei sie mit dem Rad zum Einkaufen nach Pulsen gefahren, so die Frau mit den kurzen grauen Haaren. Mache der Laden in Wülknitz noch zu, müsse sie nach Gröditz. „Dann bräuchte ich jemanden, der mich fährt, da ich kein Auto habe.“

Noch ist der Wülknitzer Einkaufsmarkt aber geöffnet. Und voraussichtlich soll das auch noch bis Jahresende so bleiben. Bis dahin soll ein Nachfolger gefunden sein. Für den Fall, dass das nicht klappt, schließt Christine Markant bereits eins aus: Dass sie einen Monat um den anderen dran hängen wird. Einmal muss Schluss sein.