Down-Syndrom testen – ja oder nein?

Luisa Wöllisch hat das Down-Syndrom und ist überglücklich. Denn mit ihren 22 Jahren hat sie es bis zum Kinostar geschafft. Sie spielt im neuen Film „Die Goldfische“ die Bewohnerin einer Behinderten-WG. Wöllisch steht für rund 350.000 Menschen mit Down-Syndrom in Deutschland, die zeigen wollen, wie wichtig vielfältiges Leben ist.
Viele haben Angst, dass Menschen mit einer solchen Behinderung bald schon vor der Geburt aussortiert werden. Das wäre möglich, wenn am heutigen Freitag der Gemeinsame Bundesausschuss die Gentests auf Chromosomenveränderungen für Schwangere zur Kassenleistung erklärt. Die Vertreter von Ärzten und Krankenkassen stehen vor einer ihrer schwersten Entscheidungen.
Sie ist die Vorlage für eine Bundestagsdebatte kurz vor Ostern, die die Weichen stellen soll, ob es in Zukunft noch Menschen wie Luisa Wöllisch geben wird. Denn 90 Prozent aller Kinder, bei denen der Verdacht auf das Down-Syndrom oder eine andere Chromosomenveränderung festgestellt wurden, werden abgetrieben, erklärt der Berufsverband der niedergelassenen Pränatalmediziner.
Beim Down-Syndrom ist das 21. Chromosom dreimal statt nur doppelt vorhanden. Es wird deshalb auch Trisomie 21 genannt. „Doch kein Test der Welt kann aussagen, welche Ausprägung das Down-Syndrom haben wird“, sagt Dr. Christoph Kretzschmar, Kinderneurologe und Ärztlicher Leiter des sozialpädiatrischen Zentrums am Städtischen Klinikum Dresden. Es gebe Menschen wie Luisa Wöllisch, die durch ihre Behinderung kaum eingeschränkt sind, aber auch solche, die schwere organische Schädigungen haben und immer auf Hilfe angewiesen sein werden.
Seit 2012 wird der Gentest als Selbstzahlerleistung für 200 bis 400 Euro angeboten. Bis heute haben schätzungsweise 150 000 Frauen diesen Test gemacht. Die meisten gesetzlichen Krankenkassen zahlen Schwangeren eine Pauschale, mit der sie unter anderem solche Tests bezahlen können. Den höchsten Betrag zahlt die AOK Plus mit 500 Euro. Barmer und Knappschaft unterstützen mit je 200 Euro, die Techniker Krankenkasse mit 100 Euro.
Ethik setzt Grenzen
Bei dem Gentest wird im Blut der Mutter kindliche DNA untersucht. Aufgabe des Bundesausschusses ist es heute, nach streng wissenschaftlichen Kriterien zu prüfen, ob der Test den Versicherten mehr nützt als vorhandene Alternativen. Eine ist zum Beispiel die Fruchtwasserpunktion durch die Bauchdecke der Schwangeren, die ein hohes Risiko auf Fehlgeburten birgt. Gentest und Fruchtwasserpunktion haben die gleiche Genauigkeit, der Studien zufolge bei über 95 Prozent liegt.
Für eine Zustimmung zum Gentest spricht, dass er weniger invasiv und belastend und möglicherweise kostengünstiger als die Fruchtwasserpunktion ist. Dagegen spricht die ethische Komponente.
Der Berufsverband der niedergelassenen Pränatalmediziner sprach sich bereits im Dezember gegen eine unkritische Aufnahme des Gentests in die Mutterschaftsrichtlinie aus. Er solle nur Schwangeren mit besonderen Risiken, zum Beispiel einem höheren Alter, als Kassenleistung angeboten werden.
Wir haben vorab Leser um eine Online-Abstimmung gebeten, ob der Gentest Kassenleistung werden soll oder nicht. Das Ergebnis ist zwar nicht repräsentativ, aber recht eindeutig: Von 108 Teilnehmern sagten knapp 66 Prozent, dass dieser Test unethisch ist und deshalb nicht angeboten werden sollte. Mehr als 22 Prozent befürworteten die Aufnahme als Kassenleistung und zwölf Prozent wollen ihn nur Risikoschwangeren anbieten.
Lesen Sie hier einige Leserzuschriften zum Thema, die uns in den vergangenen Tagen erreicht haben: