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Drei Oberländer leben wie Indianer

Michael Franke und Thomas Veith gründeten in Ebersbach eine Interessengemeinschaft für Indianistik. In einem mitreißenden Showprogramm präsentieren sie Interessierten das Leben der nordamerikanischen Plains-Indianer.

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Von Romy Kühr

„Hau Kola“ prangt in großen Buchstaben in traditionellem Blau unter dem Logo der Interessengemeinschaft, einer Pfeife, auf deren Flugblatt. Das ist Lakota und bedeutet so viel wie „Hallo Freund“. Dieses Motto drückt das aus, was Michael Franke so an der indianischen Kultur fasziniert: „Achtung und Respekt vor der Natur und ein Leben im Einklang mit dem was uns umgibt.“

Seit über dreißig Jahren schon widmet der 48-Jährige seine Freizeit der Indianistik. Dabei beschäftigt er sich nicht nur mit Kultur und Lebensweise der nordamerikanischen Indianerstämme. Die traditionellen Handwerkskünste haben es ihm besonders angetan. So eignete er sich die Herstellung von originalgetreuem Schmuck, Kleidung und Gebrauchsgegenständen an.

Vor einem Jahr rief der Friedersdorfer gemeinsam mit Thomas Veith die Interessengemeinschaft „Many Nations“ ins Leben. „Uns geht es darum, die indianische Lebensweise authentisch darzustellen und dem Publikum zu vermitteln“, betont Franke. Wer sich also als Zuschauer einer ihrer Shows auf ein kampfreiches Spektakel einstellt, wird bei „Many Nations“ enttäuscht. Vielmehr erwartet Interessierte eine liebevoll gestaltete und detailgetreue Darstellung indianischer Bräuche, Tänze und Handwerk bereichert mit jeder Menge Hintergrundwissen. „So gibt es Zwischenmoderationen, in denen wir zum Beispiel ein Musikinstrument erklären oder geschichtliche Zusammenhänge erläutern.“

Ihre Kostüme und alle anderen Accessoires, wie Schmuck, stellen Veith und Franke ausschließlich selbst her. „Die Rohmaterialien wie das gegerbte Leder oder Perlen beziehen wir natürlich vom Händler. Aber alles andere ist Handarbeit“, erklären sie stolz. Dabei gestaltet sich die Materialbeschaffung oft schwierig. Wenn ihnen das Pferdehaar, was sie für Verzierungen benötigen, ausgeht, fragen Veith und Franke schon mal beim Friseur nach Ersatz.

Nach etwa einem Monat Arbeit ist dann aus Leder, Perlen und anderen Verzierungen ein originalgetreues Hemd entstanden. Vier eigene Pferde und selbst hergestellte Tipis vervollständigen das Bild. Vorlagen für ihre authentischen Kostüme und Darbietungen finden die Ebersbacher Indianerfans in Büchern, im Internet oder im Austausch mit den etwa 45 anderen Vereinen oder Interessengemeinschaften in ganz Deutschland.

Die Dritte im Bunde, Ute Kretschmer, hat sich als Sprach- und Kochexpertin etabliert. So hat die Krankenschwester indianische Wörterbücher aufgetrieben. „Es gibt sogar Lern-CDs, damit man die Aussprache richtig nachvollziehen kann,“ sagt Thomas Veith begeistert. „Aber es ist schon sehr schwierig, wir beherrschen nur wenige Sätze.“

„Wir trocknen deshalb Rinderfleisch“

Einfacher zu erlernen und unerwartet vielfältig ist die indianische Küche. Obwohl sich die „Many Nations“-Mitglieder auch hier an Originalkochbücher halten, gestaltet sich die Zubereitung hierzulande schwierig. So wird Pemmikan (Trockenfleisch) traditionell aus Bisonfleisch hergestellt, was es in Deutschland kaum zu kaufen gibt. „Wir trocknen deshalb Rinderfleisch.“ Aber auch uns wohl bekannte Lebensmittel wie Kartoffeln, Tomaten oder Mais haben Indianer schon verwendet, wissen Veith und Franke.

Ihre Show ist also nicht nur was fürs Auge sondern auch überaus lehrreich. Sogar das Ebersbacher Gymnasium hat schon davon Gebrauch gemacht. Im Rahmen einer Projektwoche unter dem Motto „Amerika“ hielten die beiden Oberländer dort einen Vortrag zum Thema Indianer.

Mitstreiter und Besucher sind willkommen

In diesem Sinne freuen sich die Mitglieder von „Many Nations“ sowohl über Mitstreiter als auch über Interessierte, die die Indianer-Show für ihre Veranstaltung buchen wollen. Pferdereiten und Horsepainting, bei dem die Pferde in den traditionellen Mustern und Farben angemalt werden, machen das Programm übrigens auch für Kinder interessant. Vor allem aber möchten Thomas Veith und Michael Franke Werte vermitteln, die sie in der heutigen Gesellschaft langsam verschwinden sehen. „In den indianischen Kulturen hat die Demokratie perfekt funktioniert, jeder hatte seine Aufgabe in der Gesellschaft“, schwärmen beide. Die Zuschauer zum Nachdenken anzuregen, nennen sie deshalb als Motivation, ihr Hobby publik gemacht zu haben.

Mehr Informationen gibt es unter: 03586/35 06 70