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Was die Dresdner Masken-Muffel sagen

Eigentlich müssten alle Fahrgäste in Bus und Bahn eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, sofern das ihre Gesundheit zulässt. Doch längst nicht jeder macht das auch.

Von Christoph Springer
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In Straßenbahnen, Bussen und S-Bahnen sowie in Geschäften schreibt der Freistaat Schutzmasken vor.
In Straßenbahnen, Bussen und S-Bahnen sowie in Geschäften schreibt der Freistaat Schutzmasken vor. ©  Archiv/René Meinig

Dresden. Eine Mund-Nasen-Bedeckung ist zu Coronazeiten in Bus und Bahn Pflicht wie das Lösen eines Fahrscheins. Doch sie wird bei Weitem nicht zu 100 Prozent ernst genommen. Und anders als bei Schwarzfahrern enttarnen sich Masken-Muffel jederzeit selbst. Sie gefährden damit nicht sich, sondern vor allem andere, erklärt das Robert-Koch-Institut, das zugleich Bundesbehörde und Forschungseinrichtung beim Thema Infektionskrankheiten ist. Es empfiehlt "ein generelles Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um ... die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19 in der Bevölkerung zu reduzieren".  In Sachsen ist das Tragen der Schutzmasken in einer Verordnung festgelegt, die vorerst bis zum 31. August gilt. Aber wird diese auch befolgt?

Stichprobe in Bussen und Bahnen der Dresdner Verkehrsbetriebe: Feierabendverkehr in der Linie 11 Richtung Bühlau. Alle tragen Maske, nur ein junger Mann fällt auf, weil er darauf verzichtet. Er wird von anderen Fahrgästen mit tadelnden Blicken bedacht, und erklärt schließlich: "Ich habe sie schlichtweg vergessen, muss aber auf den Weißen Hirsch." Auch eine Rentnerin ist ohne Maske unterwegs. Sie trage nie eine Mund-Nasen-Bedeckung, sagt die Frau, die nur ihren Vornamen nennen will. Sie heißt Ursel und hat ihre eigene Regel. "Ich lehne das ab, bei uns gibt es doch kaum Corona-Fälle", stellt die Frau fest.

In Bussen wird die Maskenpflicht seltener ignoriert als in den Straßenbahnen, hat die Stichprobe ergeben. Fahrt mit der Linie 62 vom Pirnaischen Platz nach Dölzschen. Der Bus ist schon am frühen Nachmittag so voll, dass ein Teil der Fahrgäste stehen muss. Nur eine Frau, etwa 35 Jahre alt, trägt keine Maske. Sie winkt ab bei der Frage nach ihrem Mund-Nasen-Schutz und meint wahrscheinlich, dass sie genau richtig sitzt, um darauf verzichten zu können. Denn gleich vor ihrem Sitz ganz am Ende des Busses ist eine Glasscheibe, die den Platz von der Tür trennt. Kein anderer Fahrgast verzichtet auf seine Schutzmaske, auch in der Gegenrichtung verhalten sich alle Buskunden genau so, wie es die Verordnung des Freistaats vom 14. Juli vorschreibt. Dort steht in Paragraph 2: "Eine Mund-Nasen-Bedeckung ist zu tragen 1. bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel..."

So wird an den Bus- und Bahntüren auf die Maskenpflicht hingewiesen.
So wird an den Bus- und Bahntüren auf die Maskenpflicht hingewiesen. © SZ/Christoph Springer

Eine Schutzmaske zu tragen ist also keine Kann-Bestimmung, es ist laut der sächsischen Verordnung eine Pflicht. Ob sie eingehalten wird, prüfen nach Aussage der Verkehrsbetriebe die Fahrkartenkontrolleure. Sie waren aber weder bei den Testfahrten am Freitag in der Linie 11, noch am Montag in den Linien 13, 3, 62, 16 und 7 zu sehen. Wer keine Maske trug, hatte also nicht mehr zu befürchten als tadelnde Blicke und dieses Mal zusätzlich eine Frage des SZ-Reporters. Die meisten reagieren nicht, winken ab und tuscheln danach noch über die Frage, wie ein Quartett Jugendliche, die am Montag meinten, in der "13" auch ohne Maske mitfahren zu können. "Das geht Sie doch gar nichts an, hauen Sie ab", rief bei einer weiteren Testfahrt eine Mutter mit Kindern.

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Anna und Leon hatten es sich am Montagnachmittag in der "3" von Pieschen Richtung Zentrum gemütlich gemacht. Die Füße stellten sie auf die gegenüberliegenden Sitze der Vierergruppe, beide trugen keine Masken. "Die haben wir verloren", begründete Leon, höchstens 20 Jahre alt, den Regelverstoß. Auf den Hinweis, man könne ja fast überall eine neue Maske kaufen, reagierte er entwaffnend offen. "Dazu bin ich zu faul."

Abdul, nicht viel älter als das Paar, fuhr am Nachmittag mit der Linie 12 von der Haltestelle Prager Straße zum Postplatz. Auf seine Maske verzichtete der junge Dresdner. "Ich habe sie vergessen", antwortete er auf die Schutzmaskenfrage, "und ich fahre ja nur eine Haltestelle". Unangenehm war ihm seine Vergesslichkeit dennoch. Er bat einen Fahrgast, seine kleine Dose mit Eiskaffee zu halten, damit er sich die Maske doch noch aufsetzen kann.

"Eine restriktive Ansage kommt nicht gut an"

Aus Sicht der Verkehrsbetriebe ist das so in Ordnung. Sie weisen mit Aufklebern an den Bus- und Bahntüren und mit Ansagen in den Fahrzeugen darauf hin, dass eine Maske getragen werden sollte. Die Ansage enthält die Bitte, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Einer Bitte kann man nachkommen, muss man aber nicht. Auf einen unmissverständlichen Hinweis darauf, dass die Schutzmaske Pflicht ist, so wie es in der Verordnung des Freistaats steht, verzichtet das Unternehmen. Sie ergebe sich "automatisch aus der Verfügung des Freistaats", sagt DVB-Sprecher Falk Lösch. "Wir erinnern quasi nur an diese Verfügung." Eine Verpflichtung, die Inhalte der Verordnung aktiv zu kommunizieren, gebe es nicht. "Wir tun es trotzdem."

Dabei gehe es in den Ansagen "vor allem um Freundlichkeit". Die Fahrgäste seien schließlich die Kunden der Verkehrsbetriebe. "Eine restriktive Ansage kommt erfahrungsgemäß nicht gut an. Auch bei den Fahrgästen, die vorbildlich eine Maske tragen. Deshalb machen wir es in der uns eigenen netten Art." Zu dieser "netten Art" gehört auch, dass bei den DVB diskutiert wurde, wie häufig die Masken-Ansage wiederholt wird. Es solle irgendwas zwischen "oft genug" und "nicht nerven" sein. Lösch: "Ich denke, aktuell haben wir eine gesunde Mischung gefunden." (mit SZ/kh)

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